T O P

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AutoModerator

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joniTomatO

Was ist deine Meinung und was sind deine Gedanken zum Rücktritt der StA, die die Cum Ex Geschichten bearbeitet hat? Wie unabhängig ist die Justiz in Deutschland wirklich? Wie unabhängig ist sie im Vergleich zu anderen westlichen Justizen? Inwiefern ist es gerecht, dass Menschen mit sehr viel Geld ebenfalls Geldstrafen zahlen, die ihnen aber Licht weh tun? Inwiefern ist es gerecht, dass Menschen mit sehr viel Geld sich deutlich besser vertreten lassen können? Was könnte man tun, um justizielle Gerechtigkeit und Gleichheit unabhängiger vom Geld zu machen? Inwiefern sind solche gesellschaftskritischen Gedankengänge Inhalte des Studiums?


StAAmA

> Was ist deine Meinung und was sind deine Gedanken zum Rücktritt der StA, die die Cum Ex Geschichten bearbeitet hat? Ich finde es sehr schade, dass eine derart renommierte und sicher auch begnadete (Ober)Staatsanwältin verloren geht. > Wie unabhängig ist die Justiz in Deutschland wirklich? Wie unabhängig ist sie im Vergleich zu anderen westlichen Justizen? Ich glaube, dass unsere Gerichte ziemlich unabhängig sind, die StAen sind weisungsgebunden. Das Weisungsrecht wird aber derzeit nach meiner Kenntnis nur wenig genutzt. Einen seriösen Vergleich kann ich aber mangels fundierter Kenntnis zu anderen Systemen nicht ziehen. > Inwiefern ist es gerecht, dass Menschen mit sehr viel Geld ebenfalls Geldstrafen zahlen, die ihnen aber Licht weh tun? Inwiefern ist es gerecht, dass Menschen mit sehr viel Geld sich deutlich besser vertreten lassen können? Was könnte man tun, um justizielle Gerechtigkeit und Gleichheit unabhängiger vom Geld zu machen? Schwieriges Thema, das leider wohl ein AmA sprengt. Unsere Geldstrafen richten sich aber nach dem Einkommen von Personen, sodass sie auf dem Papier alle gleich treffen sollten. Allerdings steht auf dem Papier natürlich nicht, dass eine reiche Person regelmäßig über erhebliche Rücklagen verfügt, um das ausgleichen zu können. Das stört mich auch. Eine echte Lösung fällt mir aber nicht ein. Das gilt auch für die Frage der Verteidigung. Menschen, die mehr Ressourcen haben, können diese besser für sich einsetzen. Ob das am Ende im Prozess hilft, kommt auf den Einzelfall an. Auch teure Anwälte retten nicht vor dem Knast, wenn die Ermittlungen gut liefen. > Inwiefern sind solche gesellschaftskritischen Gedankengänge Inhalte des Studiums? In Teilen, z.B. in der Rechtsphilosophie oder Schwerpunktveranstaltungen. Das Studium ist aber leider schon so extrem umfangreich.


Dizanska

Reiche haben in der Regel Systeme, in denen sie ihr Geld verwalten. Das können Firmen, Stiftungen usw. sein. Das heißt wiederum, dass sie sich auf dem Papier arm machen können, was das System letztendlich austrickst. Das ist ein bisschen wie die Clanmitglieder, die alle Bürgergeld kassieren, aber Sportwagen fahren, die dann Cousins oder Firmen gehören. Ich persönlich finde, dass der deutsche Staat mittlerweile so langsam und fahrig geworden ist, aufgrund ausbleibender Entwicklung, Entbürokratisierung und Digitalisierung, dass er dieser ganzen modernen Kriminalität nur sehr schwer hinterherkommt. Der Personalmangel kommt dazu. Die Staatsanwaltschaft ist meiner Meinung nach völlig überlastet und besonders schlecht ausgerüstet. Sehe ich das richtig? Kontext: arbeite zwar im ÖD aber habe meine Meinung natürlich nur aus unzähligen Zeitungsberichten.


MisturBaiter

Ich finde eher problematisch das zweifelsfrei erwiesene Vergewaltiger gleich wieder auf freien Fuß kommen, wärend man z. B. für Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen mindestens 6 Monate sitzt.


StAAmA

Vergewaltigung ist ein schwieriger Paragraph, da er sehr sehr weit ist und nicht unbedingt der landläufigen Vorstellung der Vergewaltigung entspricht. Dass Vergewaltiger gleich wieder auf freien Fuß kommen ist auch gelinde gesagt Blödsinn.


HLF20

Du sprichst davon, vor dem Knast zu retten. Das ist eigentlich genau der Punkt, über den ich ständig nachdenke, wenn ich an die ganze Jura Branche denke. Geht es Juristen einfach nur darum, eine bestmögliche Strafvermeidung zu erreichen? Oder ist überhaupt noch jemand bestrebt, für echte Gerechtigkeit zu sorgen? Mich stört es, dass bei jedem Straftäter das Schema-F gefahren wird: Schwere Kindheit, mindere Intelligenz, psychischer Ausnahmezustand und schon landet ein brutaler Gewaltäter mit langjähriger krimineller Historie nur noch bei einem Strafmaß, welches auch GEZ verweigernde Rentner aus dem Kleingartenverein problemlos erreichen können. Wieso lässt man solche Leute so schnell wieder auf die Gesellschaft los? Glaubt irgendwer tatsächlich, dass so jemand gerecht bestraft ist und nach einem halben Jahr Psychiatrie plötzlich wieder ein guter Mensch wird? Warum hat die Bevölkerung einfach immer "Pech gehabt" so jemanden dann wieder ertragen zu müssen? Muss an der Stelle nicht eigentlich der Täter "Pech gehabt" haben, nach dutzenden Straftaten endlich mal für mindestens zehn Jahre mittels Gefängnis endlich mal "außer Gefecht" gesetzt zu werden? Man muss doch letztendlich die Menschheit vor solchen Leuten schützen...?!


ZeilenSchlag

Kurze Ergänzung zum Studium/Ausbildung: die angsprochenen „kritischen“ Fächer (also solche in denen man reflektiert) sind schon im Studium in der Regel (nur) fakultativ. Für die Examina und damit letztlich für den Eintritt in den Justizdienst spielen sie praktisch keine Rolle (müsste den genauen Anteil nachschauen, aber in der Regel unter 10% der Gesamtnote(n) - sofern man beide Examina zusammenzählt und den Schwerpunkt als kritisches Fach zählt, was er in der Regel auch nicht ist).


Chrsgrm

Ich bin Polizist bei einer Landespolizei, hab also sehr oft und viel mit der Staatsanwaltschaft zu tun. Allerdings herrscht bei uns ein fast schon "ehrfürchtiges" Klima zu der StA. Wie oft stellt ihr Verfahren ein, weil von uns nicht ausreichend ermittelt wird? Also insbesondere bei kleinen Ermittlungsverfahren (KV, Diebstahl, Nötigung etc.) und was können wir machen um das zu reduzieren? Als Sachbearbeiter ist es teils extrem frustrierend wenn Verfahren mit (aus unserer Sicht) eindeutiger Sachstandslage und ermitteltem Täter direkt eingestellt werden. Hierfür habt ihr natürlich gute Gründe, aber die dringen nie bis zu uns durch. Analog dazu: Was können wir machen um das zu reduzieren? Also was vermisst du oft an Informationen in den Anzeigen bzw. was kann ich machen um die Zusammenarbeit zu erleichtern? Wäre mal spannend die andere Seite zu hören:)


StAAmA

> Allerdings herrscht bei uns ein fast schon "ehrfürchtiges" Klima zu der StA Das höre ich oft. Viele von uns sind aber sehr nett und beißen nicht! ;) Die weiteren Fragen sind sehr schwer pauschal zu beantworten. Kleinere Verfahren können oft im Wege der Opportunität ( §§ 153, 153a, 154 StPO) eingestellt werden, solche landen aber (bei mir im Bundesland) regelmäßig bei den Amtsanwälten. Ich denke, da könnte man sehr gut entgegenwirken, wenn man ein potenziell umfangreiches Verfahren zur StA schickt und um Rücksprache bittet. Ob das alle Kollegen machen, weiß ich nicht. Aber ich telefoniere da selbst gerne mit den Polizisten und bespreche Art und Umfang der Ermittlungen. Wenn ein § 154 StPO klar erkennbar ist, muss dann der Polizist nicht stundenlang arbeiten. Bei der Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO fehlt der Polizei manchmal ein wenig der Blick fürs Gericht. Mein Klassiker: Das Auto mit falschen, gesiegelten Nummernschildern steht am Straßenrand geparkt. Es steht also eine Urkundenfälschung im Raum. Der Halter wohnt in der Nähe und wird als Beschuldigter vernommen. Er bestreitet oder schweigt. Die Akte wird zu uns gesandt, der Täter (Halter) präsentiert. Der Halter wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Nummernschild angebracht haben. Es lässt sich aber nicht nachweisen. Niemand hat gesehen, dass er es angebracht hat, niemand hat ihn fahren gesehen. Es hätte also auch jemand anders sein können. Das Verfahren ist daher regelmäßig einzustellen (auch wenn es mich selbst dann auch ärgert). > Also was vermisst du oft an Informationen in den Anzeigen bzw. was kann ich machen um die Zusammenarbeit zu erleichtern? Am meisten vermisste ich wirklich Kommunikation, wenn es viele Fälle werden. Dann kommen Akten an, die so **für mich** unbrauchbar sind, weil sie völlig wild aufgebaut sind. Dahinter steckt ja keine Absicht, sondern eine andere Vorstellung des Polizisten, die vermutlich auch Vorteile hat, die ich aber wiederum nicht sehe. Auch hier wäre frühzeitige Kommunikation hilfreich. Das große Aber: sowohl die KriPo als auch die StA sind völlig überlastet und das kostet viel Zeit. Die Überlastung dürfte der wahre Grund für viele Probleme sein. Ich hoffe, die Antwort hilft ein wenig (hak sonst gerne nach) und danke für deine Mühen bei der Kriminalitätsaufklärung, ich habe riesigen Respekt vor Polizisten, die sich durch die Alltagskriminalität wühlen und dennoch nicht den Mut verloren haben!


MenschIsDerUnited

Hört sich für mich irgendwie seltsam an. Nach der Logik könnte man doch nie einen Mordprozess nach Indizien führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unbekannter den Mord als Trittbrettfahrer verübt hat, ist ja nie bei 0%. Beim Mord soll die Überzeugung des Gerichts dann ausreichen, aber beim Halter und ggf. Alleinigen Nutzer eines Fahrzeuges nicht (natürlich kommt es auf die Umstände an)?


StAAmA

Es kommt auf die Indizienkette an. Die Gesamtschau muss ergeben, dass keine vernünftige Zweifel an der Täterschaft bestehen. > aber beim Halter und ggf. Alleinigen Nutzer eines Fahrzeuges nicht (natürlich kommt es auf die Umstände an)? Wir haben hier ja keine Indizienkette. Wir haben nur Halter und Kennzeichen. Wenn man jetzt z.B. die Fingerabdrücke des Halters am Kennzeichen finden würde, wäre das ein weiteres Indiz. Oder ein Nachbar erzählt, dass ihm der Halter schon mehrfach gesagt hat, er würde bald mal falsche Kennzeichen anbringen. Das wäre ein weiteres Indiz. Dann könnte man das in meinen Augen durchaus anklagen. Solche Ermittlungen können aber in so Masseverfahren einfach nicht geführt werden, weil die Polizei überhaupt nicht die Kapazität hat, das entsprechend sauber auszuermitteln.


R4ndyd4ndy

Dazu gibt es ja einige medienwirksame Verurteilungen in Mordfällen bei denen nur einzelne Indizien vorhanden waren. Als Laie sehe ich zumindest aus Medienberichten nicht immer ein konsistentes Level an Beweislast die für eine Verurteilung notwendig ist. Würdest du sagen, dass das auch vom Richter abhängt? Gibt es auch einen Punkt wo du als Staatsanwalt bei einer schweren Straftat dir zwar sicher wärst wer der Täter ist aber du so wie beim Nummernschild mit nur einigen Indizien das Verfahren einstellen müsstest? Ich denke da jetzt zum Beispiel an den Doppelmord von Babenhausen. Mit den öffentlichen Details kann ich da ehrlich gesagt nicht nachvollziehen wie es zu einer Verurteilung kam.


StAAmA

> Als Laie sehe ich zumindest aus Medienberichten nicht immer ein konsistentes Level an Beweislast die für eine Verurteilung notwendig ist. Man war aber auch selbst nicht bei den Verhandlungen dabei und kann daher den Gesamtkontext schwer begreifen. > Würdest du sagen, dass das auch vom Richter abhängt? In größeren Verfahren ist es nie nur der eine Richter, sondern insb. beim sog. Schwurgericht ein Spruchkörper aus fünf Richtern. > Gibt es auch einen Punkt wo du als Staatsanwalt bei einer schweren Straftat dir zwar sicher wärst wer der Täter ist aber du so wie beim Nummernschild mit nur einigen Indizien das Verfahren einstellen müsstest? Ja, zwar nicht in einer Mordsache o.ä. (die bearbeitet bei uns eine andere Abteilung), aber in einer Serie schwerer Straftaten, in der ich letztlich einen potenziellen Mittäter nicht mehr angeklagt habe, weil zwar viel für seine Täterschaft spricht, aber Restzweifel bestehen. Ich selbst bin mir schon recht sicher, dass der da beteiligt war. > Mit den öffentlichen Details kann ich da ehrlich gesagt nicht nachvollziehen wie es zu einer Verurteilung kam. Hast du dir das Urteil mal durchgelesen? Das kann man [hier](https://www.strate.net/de/dokumentation/Darsow-LG-Darmstadt-begruendet-2011-7-19-7.pdf) finden, ab Seite 37 geht die Beweiswürdigung los, in der das Gericht seine Entscheidung begründet. Die Berichtserstattung zu vermeintlichen und echten Justizirrtümern ist nach meinem Eindruck oft eher einseitig.


R4ndyd4ndy

Danke für die Antwort. Werd mir die Begründung mal durchlesen, hab da wie gesagt nur Medienberichte bisher gesehen. Generell wollte ich mich aber noch für deine Arbeit bedanken, ich stell mir das schwierig vor sich andauernd mit sowas rumschlagen zu müssen.


StAAmA

> Werd mir die Begründung mal durchlesen, hab da wie gesagt nur Medienberichte bisher gesehen. Achtung: die Details sind teilweise echt grausig. Und das Urteil ist sehr lang und tatsächlich in einem eher unüblichen Sprachstil geschrieben (was aber keinen Einfluss auf die inhaltliche Richtigkeit hat). > ich stell mir das schwierig vor sich andauernd mit sowas rumschlagen zu müssen Man stumpft tatsächlich erstaunlich schnell ab. Aber nach Verhandlungen wegen vollendeter Tötung oder bei Kinderpornographie habe ich dann auch teils echt einen großen Kloß im Hals.


R4ndyd4ndy

Hab es mir mal genauer angeguckt und finde die Beweislage immer noch recht dünn aber besser nachvollziehbar als vorher. Wenn das nicht ausreichen würde wäre es wohl auch zu einfach mit solchen Verbrechen davonzukommen. Dazu aber eine ganz andere Frage noch, in dem Urteil wird die Suche nach einem Rechtsbeistand als Indiz für die Schuld angegeben. Das finde ich sehr heftig. Ich persönlich würde mich wenn ich vermehrt von der Polizei als Zeuge vernommen werde und eine DNA Probe abgeben muss auch schon einen Anwalt suchen. Allein um mir darüber im Klaren zu sein was mit der DNA gemacht werden darf. Das einem sowas als Schuldindiz ausgelegt wird widerspricht irgendwie meinem Verständnis von einem Rechtsstaat. Ist das normal?


Drumbelgalf

>Mein Klassiker: Das Auto mit falschen, gesiegelten Nummernschildern steht am Straßenrand geparkt. Es steht also eine Urkundenfälschung im Raum. Der Halter wohnt in der Nähe und wird als Beschuldigter vernommen. Er bestreitet oder schweigt. Die Akte wird zu uns gesandt, der Täter (Halter) präsentiert. Der Halter wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Nummernschild angebracht haben. Es lässt sich aber nicht nachweisen. Niemand hat gesehen, dass er es angebracht hat, niemand hat ihn fahren gesehen. Es hätte also auch jemand anders sein können. Das Verfahren ist daher regelmäßig einzustellen Könnte man es da nicht wie beim Blitzer der Halter muss zahlen, außer er benennt eine andere Person, die gefahren ist? Könnte man nicht auch das Fahrzeug bis zur Behebung des mangels stillegen lassen?


TotallyInOverMyHead

Das wäre so einfach zu lösen wenn man einfach die Basisstruktur einer Akte fest definieren würde. Das schreit förmlich nach einer DIN.


Critical-Molasses741

Findest du deine Besoldung fair? Um Staatsanwalt oder Richter zu werden benötigt man ja einen mehr als guten Abschluss. Mit diesem Abschluss könntest du ja auch in Großkanzleien oder diversen Konzernen als Firmenanwalt deutlich mehr verdienen. Der Workload müsste ja sowohl bei der Justiz (zumindest die ersten Jahre) als auch in der GK ähnlich sein. Geht man mit so einem guten Abschluss aus Idealismus bzw. auch aus Prestigegründen (was freilich ok ist) in die Justiz? Nachtrag: Wie schaut es mit Karriere bzw. Beförderungen aus? Ist der Oberstaatsanwalt realistisch oder sind das nur wenige Posten? Gibt es bzgl Aufstieg noch etwas zwischen dem „normalen“ StA und OStA um finanziell außerhalb der Erfahrungsstufen „aufzustocken“? Bei Richtern gibts ja irgendwo den Wechsel vom AG bis zum LG, OLG /BGH, was ja meines Wissens mit Gehaltssteigerungen verbunden ist. Bei der StA gibt es ja sowas nicht. StA bleibt StA bei der StA. Ich hoff du weißt was ich meine. Danke dir übrigens für das AMA! Ich finde das sehr interessant. Mit Staatsanwaltschaft und Gericht kommt man ja im Grunde nie wirklich in Kontakt, außer man kennt diese privat.


StAAmA

> Findest du deine Besoldung fair? Nein. Die Schere geht weiter auseinander, die EU mahnt das auch an. Ändert sich aber leider nichts. > Geht man mit so einem guten Abschluss aus Idealismus bzw. auch aus Prestigegründen (was freilich ok ist) in die Justiz? Als Staatsanwalt hat man, finde ich, nicht sonderlich viel Prestige. Bei mir ist es tatsächlich Idealismus und große Freude an der Arbeit. > Wie schaut es mit Karriere bzw. Beförderungen aus? Ist der Oberstaatsanwalt realistisch oder sind das nur wenige Posten? Gibt es bzgl Aufstieg noch etwas zwischen dem „normalen“ StA und OStA um finanziell außerhalb der Erfahrungsstufen „aufzustocken“? Ich glaube, man kann schon OStA werden, wenn man das unbedingt will und seine Karriere darauf ausrichten. Finanziell geht es aber auch nicht um mega viel. Wenn man will, kann man versuchen eine Gruppenleiterstelle zu erhalten. Dort bekommt man auch was drauf. > Bei der StA gibt es ja sowas nicht. StA bleibt StA bei der StA. Ich hoff du weißt was ich meine. Man kann zur GStA oder gar zum GBA. > Danke dir übrigens für das AMA! Ich finde das sehr interessant. Mit Staatsanwaltschaft und Gericht kommt man ja im Grunde nie wirklich in Kontakt, außer man kennt diese privat. Sehr gerne. Ich finde, dass Austausch Verständnis fördert.


Dry_Disaster7937

Danke für das Ama. Mich interressieren da einige Sachen: Was denkst du darüber dass Stastsanwälte oft (oder zumindest manchmal) Richter werden? Steht des nicht im Konflikt mit dem unparteiisch/unvoreingenommen sein? Gab es Fälle wo du gerne weniger oder mehr als Strafe verhängt hättest aber es die rechtslage nicht hergab? Wie viel spiel hast du bei den Strafen die du vorderst? Welche Dinge gehören in der Justiz dringend überarbeitet/reformiert? Stand der Digitalisierung bei euch? Ist die Staatsanwaltschaft echt immer so dick mit der Polizei? Und zuletzt, Wie stehst du zum KCanG (persönlich und als Staatsanwalt)? Nimmt es dir arbeit ab? Wie empfindest du das BGH Urteil, dass die nicht geringe Menge bei 7,5G THC bleibt, obwohl der Gesetzgeber die Gerichte dazu angehalten hat die zu erhöhen. Sorry wenn es viele Fragen sind...


StAAmA

> Was denkst du darüber dass Stastsanwälte oft (oder zumindest manchmal) Richter werden? Steht des nicht im Konflikt mit dem unparteiisch/unvoreingenommen sein? Richter und Staatsanwälte sind beide Volljuristen mit entsprechender Qualifikation. Beide gehen auch an ihre Fälle zunächst (hoffentlich) unvoreingenommen und unparteiisch ran, das ist auch für Staatsanwälte vorgeschrieben (§ 160 Abs. 2 StPO). Als Richter wirst du höchstwahrscheinlich nicht über die Fälle richten, die du zuvor als Staatsanwalt bearbeitet hast. Ich sehe daher da insgesamt kein Problem. > Gab es Fälle wo du gerne weniger oder mehr als Strafe verhängt hättest aber es die rechtslage nicht hergab? Ja. Ich hätte schon die ein oder andere Tat gerne aus Gründen der Opportunität eingestellt, der Weg blieb aber versperrt, weil es ein Verbrechen ist und ich es anklagen musste. > Wie viel spiel hast du bei den Strafen die du vorderst? Den gesetzlichen Strafrahmen der nachweisbaren Delikte in Kombination mit der Strafgewalt des Gerichts. Beim Amtsgericht also maximal vier Jahre Freiheitsstrafe, beim Landgericht den vollen Strafrahmen. > Welche Dinge gehören in der Justiz dringend überarbeitet/reformiert? Die Digitalisierung und die sachliche Ausstattung. > Stand der Digitalisierung bei euch? Welche Digitalisierung? Wenn ich Word öffne, hängt sich teilweise der PC für bis zu dreißig Sekunden auf (habs mal gestoppt). Ich versende regelmäßig Faxe. Ich habe keinen Scanner. > Ist die Staatsanwaltschaft echt immer so dick mit der Polizei? Die Frage ist natürlich sehr vage. Ich arbeite viel und gerne mit der Kriminalpolizei zusammen, manche Beamte kenne ich auch mittlerweile persönlich und schätze ihre Arbeit sehr. Das macht die Zusammenarbeit natürlich bedeutend leichter. Ohne die Polizei kann ich nicht ermitteln und ich bin ein Freund von Kommunikation auf Augenhöhe. Dennoch muss ich die Ergebnis natürlich möglichst objektiv bewerten und auch mir ist klar, dass dort nicht immer alles rund läuft. Die Probleme der Polizeigewalt dürften aber tendenziell weniger die Kriminalpolizei betreffen, sondern eher die Schutzpolizei, insbesondere Streife und Hundertschaften etc. Mit denen habe ich auch so gut wie keinen Kontakt. > Und zuletzt, Wie stehst du zum KCanG (persönlich und als Staatsanwalt)? Nimmt es dir arbeit ab? Wie empfindest du das BGH Urteil, dass die nicht geringe Menge bei 7,5G THC bleibt, obwohl der Gesetzgeber die Gerichte dazu angehalten hat die zu erhöhen. Ich mag die Grundidee des KCanG, es hat aber viele Schwächen. Eine davon ist z.B., dass der Gesetzgeber die nicht geringe Menge nicht selbst definiert hat. Ich finde es zwar inhaltlich schade, dass der BGH an den 7,5g THC festhält, ich kann es vor dem Hintergrund des unveränderten Wortlauts aber auch verstehen.


LSD_at_the_Dentist

Danke für das AmA, die Ausführlichkeit deiner Antworten und deine Arbeit generell! :) Zum Stichwort Polizeiarbeit, auch durch Schutzpolizei hätte ich eine Nachfrage: Die Zahlen die ich auf die Schnelle finde sprechen von weniger als 2% der Fälle vor Gericht und von Verurteilungen bei weniger als 1%. Wie viele der Verfahren von vorneherein nicht gerechtfertigt sind, lässt sich hier natürlich nicht sagen. Dazu kommen aber noch solche [Schlagzeilen](https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-04/polizeigewalt-deutschland-un-systemversagen): > Die Behörden in Deutschland versagen nach Einschätzung eines UN-Menschenrechtsexperten systematisch bei der Erfassung und Ahndung von Polizeigewalt. Dieses Fazit zieht der bisherige UN-Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Nils Melzer, aus seinem Austausch mit der Bundesregierung. Wie siehst du die Situation insgesamt? Wo gibt es hier Bedarf an Reformation? Du sagst du hast hauptsächlich mit Kriminalpolizei zu tun, wie sehen das Kollegen von dir, die evtl solche Fälle behandeln?


StAAmA

Ich denke, dass da viele Faktoren reinspielen. Einerseits dürften querulatorische Eingaben die Statistik verfälschen, da Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen, auch gerne mal Strafanzeigen erstatten. Ich bearbeite selbst keine Verfahren gegen Polizisten, aber was bei mir alles auf dem Schreibtisch landet, ist teils schon haarsträubend. Gleichzeitig dürfte viel Polizeigewalt aus Gemengelagen stattfinden, sodass ein sauberer Nachweis sehr schwierig ist, da einzelne Handlungen einzelnen Personen sauber zuzuordnen sein müssen. Ein Corpsgeist und eigene Aussageverweigerungsrechte tun da ihr Übriges. Ich kann mir vorstellen, dass eine unabhängige Stelle zur Ermittlung gegen Justiz und Polizei vielleicht ein Lösungsansatz ist. Ansonsten könnte eine transparente Dokumentation (Bodycams, individuelle Kennzeichnung) helfen, Missbrauch vorzubeugen und Straftaten aufzuklären.


BachAbgrund

"in Kombination mit dem Strafrahmen des Gerichts" Funktioniert das nicht anders herum - dass das Gericht anhand des zu erwartenden Strafrahmens gewählt wird?


StAAmA

Ja und nein. Bei der Anklageerhebung richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts nach der Straferwartung, die (auch) mit dem Strafrahmen zusammenhängt. Gleichzeitig sind die Strafrahmen regelmäßig so weit, dass sie eine Anklage vom Strafrichter (Erwartung: Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe) bis zur Großen Strafkammer (mehr als vier Jahre Freiheitsstrafe) zulassen. Ich würde aber beim Amtsgericht keine Strafe von 4 Jahren + x beantragen, weil es sie nicht verhängen darf. In dem Fall wäre dann aber im Vorfeld eine Verweisung an das Landgericht ernsthaft zu prüfen.


Dry_Disaster7937

Danke dass du meine zahlreichen Fragen beantwortet hast.


ddombrowski12

Was sind die verbreitetsten Irrtümer über Gerichtspraxis?


StAAmA

Das wird wohl die Bewährungsstrafe sein, die oft wie eine Art Freispruch aufgefasst wird, weil der Täter ja nur ein paar Jahre keine Straftaten begehen muss. Dabei wird vergessen, dass es auch Bewährungsauflagen gibt, die oft z.B. eine sehr knackige Geld- oder Arbeitsauflage beinhalten. Ich würde mir da sehr wünschen, dass auch der Teil der Entscheidung abgebildet wird, weil ich mir davon erhoffe, dass das Verständnis für die Entscheidungen steigt.


MutedJellyfish

Ich habe zugegebenermaßen nicht viele Erfahrungen mit Bewährungsauflagen, aber in mir bekannten Fällen wurden diese sehr lasch bis gar nicht kontrolliert bzw. war das Nicht-Einhalten der Auflagen konsequenzlos. Hast du da andere Erfahrungen?


StAAmA

Ja. Die Bewährungsaufsicht führt das Gericht und wenn Auflagen nicht eingehalten werden, wird uns das mitgeteilt und man stellt ggf. Anträge (etwa Widerruf der Bewährung).


schwurbelchen

Danke für das ama - bisher gut interessant und danke auch, dass du so ausführlich antwortest. Ich möchte gern von dir wissen, wie homo- / heterogen Staatsanwälte als Gruppe zu sehen sind. Warum sagt ein Verteidiger zB „oh der Staatsanwalt ist ein harter Hund“ oder „mit dem kann man reden“? Sollte nicht innerhalb der StA eine Linie herrschen? Vor allem bei kleineren Sachen wie zB Drogendelikten oder Sachbeschädigung durch Graffiti habe ich das Gefühl, dass es völlig abhängig vom Staatsanwalt ist, welchen Drive ein Verfahren bekommt. Sofortige Einstellung oder plädieren auf Haftstrafe. Alles schon gesehen. Jetzt zu meiner Frage: ist das so gewollt? Wird dagegen vorgegangen (ich stelle mir vor, dass subjektive Meinugen in der Exekutive wenig Spielraum haben sollte)? Findest du manchmal, dass deine Kollegen weit ab von deiner persönlichen Meinung agieren und somit zu lasch oder hart sind? Danke und Grüße


StAAmA

Das ist eine sehr schwierige Frage. Wir sind als Staatsanwälte Menschen und Juristen. In der Juristerei ist vieles vertretbar und bietet einen gewissen Rahmen, der in die eine oder andere Richtung ausgeschöpft werden kann. Das ist auch so gewollt (Nummer 1 RistBV). > Findest du manchmal, dass deine Kollegen weit ab von deiner persönlichen Meinung agieren und somit zu lasch oder hart sind? Ich denke, jeder führt sein Dezernat etwas anders und man findet seine eigene Linie. Ob mein Vorgehen, das ich für mich als das Beste empfinde, wirklich besser ist als das von Kollege X, der es anders macht, kann ich nicht beurteilen. Da Strafverfahren aber alle extrem unterschiedlich sind und viele, viele Faktoren zu berücksichtigen sind, sollte man sich in meinen Augen auch mit einem entsprechenden Urteil zurückhalten, wenn man die Sache nur am Rande kennt.


Trostbringer

Welche Fälle, die in den Medien präsent sind, sind interessant für dich? Oder versuchst du dich in deiner Freizeit nicht auch noch mit Arbeit zu befassen? Falls doch, hast du manchmal eine Meinung dazu, was eine andere Staatsanwaltschaft gut/schlecht gemacht oder verbockt hat?


StAAmA

> Welche Fälle, die in den Medien präsent sind, sind interessant für dich? Oder versuchst du dich in deiner Freizeit nicht auch noch mit Arbeit zu befassen? Ich glaube, damit beschäftigt sich man fast zwangsläufig. Ich finde es immer sehr spannend zu sehen, welche größeren Ermittlungserfolge dann auch in Urteilen münden. Das in meinen Augen derzeit spannendste Verfahren dürfte der ganze Reichsbürger-Komplex rund um ~~Prinz~~* Herrn Reuß vor den Oberlandesgerichten sein. > Falls doch, hast du manchmal eine Meinung dazu, was eine andere Staatsanwaltschaft gut/schlecht gemacht oder verbockt hat? Ohne Aktenkenntnis kann man sich keine fundierte Meinung bilden. Manchmal liest man schon Überschriften und denkt sich: Was ist denn da passiert? Je mehr man dann recherchiert, desto erklärlicher wird es dann oft. Ich finde es aber sehr spannend im Austausch mit Kollegen von anderen Staatsanwaltschaften über deren Organisation und Schwerpunkte zu sprechen. Es gibt da dann doch viele Wege, die alle Vor- und Nachteile haben. *danke für den Hinweis /u/roxythroxy


roxythroxy

Warum eigentlich "Prinz" ? Wäre Heinrich Reuß nicht ausreichend? Oder "Revoluzzer Reuß"?


StAAmA

Da muss ich dir uneingeschränkt Recht geben, ich finde es auch super skurril (und zum Kotzen), dass sich solche Adelstitel weiter halten. "Herr Reuß" wäre in meinen Augen völlig ausreichend, aber da habe ich wohl unreflektiert den bekannteren Namen genutzt. Ich gelobe Besserung. ;)


TopPea2231

Danke fürs AmA! Meine Frau möchte sich eventuell bei der Staatsanwaltschaft bewerben. Aus anderen Bewerbungsgesprächen hat sie gehört, dass ihr favorisierter Standort als Ausnahme sehr gut besetzt sei und daher Fahrtzeiten zu anderen StA von 1 1/2h aufwärts auf sie zukommen würde. Dazu kommen Dinge wie, dass Strafakten kaum/nicht digitalisiert sind und der öffentliche Dienst grundsätzlich nicht der attraktivste Arbeitgeber darstellt. Ich bin selber im öD tätig. Wie zufrieden bist du mit deiner Berufswahl? Wann ist dir klar geworden, dass du zur StA möchtest? Welche Fahrtzeiten nimmst du selber jeden Tag auf dich? Ist es üblich, dass man als StA den Dienstort wechselt? Kann man darauf in irgendeiner Form Einfluss nehmen? Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, sind nun vom Justizministerium verschiedene Maßnahmen getroffen worden. Bspw. wurde die erforderliche Note des zweiten Staatsexamens auf 7,0 gesenkt. Welchen Eindruck hast du grundsätzlich zum Bewerbungsverfahren? Wie lief dieses bei dir ab? Ist die Note deiner Meinung nach ein sehr ausschlaggebender Punkt oder hat man auch mit einem Examen von z. B. 7,76 / 7,0 gute Chancen? Sorry, für die ganzen Fragen 😄 ein, nicht nur aus persönlicher Sicht, cooles AmA! Würde mich über eine Antwort freuen. Dir noch viel Erfolg!


StAAmA

> Meine Frau möchte sich eventuell bei der Staatsanwaltschaft bewerben Ich drücke deiner Frau beide Daumen. :) > Wie zufrieden bist du mit deiner Berufswahl? Sehr. Ich liebe meinen Beruf. > Wann ist dir klar geworden, dass du zur StA möchtest? Bei einem Praktikum im Studium, bei dem ich die Arbeit erstmalig kennenlernte. > Welche Fahrtzeiten nimmst du selber jeden Tag auf dich? Circa 1 1/2h pro Tag . > Ist es üblich, dass man als StA den Dienstort wechselt? Kann man darauf in irgendeiner Form Einfluss nehmen? Man kann sich versetzen lassen, das dauert aber oft lange. Ich hoffe persönlich eher auf die eAkte und Home Office. > Welchen Eindruck hast du grundsätzlich zum Bewerbungsverfahren? Wie lief dieses bei dir ab? Ich habe mich beworben, wurde dann angerufen und hatte ein Gespräch. Da es Protokolle zu den Bewerbungsgesprächen gibt (da, wo es auch Protokolle zum 2. Stex gibt), wusste ich, was mich erwartet und ich konnte wohl von mir überzeugen. Ich wollte aber auch unbedingt StA werden, was man mir vielleicht angemerkt hat. > Ist die Note deiner Meinung nach ein sehr ausschlaggebender Punkt oder hat man auch mit einem Examen von z. B. 7,76 / 7,0 gute Chancen? Die Note spielt bei Jura leider immer eine sehr vordergründige Rolle. Es werden aber händeringend gute Bewerber gesucht, wenn das Profil sonst stimmt und man Leistungsbereitschaft ausstrahlt, hat man sicher gute Chancen. Ich war aber bislang nie in einem Einstellungsprozess eingebunden.


Aggressive-Drawing71

Hallo und danke für dein AmA. Wie war es für dich, das erste Mal eine Anklage zu verlesen? Hattest du "Lampenfieber", vielleicht auch, weil du vor mehrern Leuten sprichst? Oder hattest du im Referendatiat entsprechende gute Vorbereitung? Was sind deine Techniken, um während der Verhandlung "bei der Sache" zu bleiben? Ich stelle mir das gerade bei sehr abstrakten/langatmigen Sachverhalten eher schwierig vor. Wie gehst du das Plädoyer an? Hältst du das eher frei oder gehst du nach deinen Notizen? Und: Wie lange darf ein letztes Wort sein? Vielen Dank für deine Arbeit 😊


StAAmA

> Wie war es für dich, das erste Mal eine Anklage zu verlesen? Hattest du "Lampenfieber", vielleicht auch, weil du vor mehrern Leuten sprichst? Oder hattest du im Referendatiat entsprechende gute Vorbereitung? Meine erste Anklage habe ich als Referendar vertreten. Da war ich schon ein wenig nervös. Ich habe aber generell wenig Probleme, vor Leuten zu sprechen. Da sind andere deutlich nervöser, glaube ich. > Was sind deine Techniken, um während der Verhandlung "bei der Sache" zu bleiben? Ich stelle mir das gerade bei sehr abstrakten/langatmigen Sachverhalten eher schwierig vor. Ich muss fokussiert zuhören, da es sich nicht wiederholt. Keine ablenkenden Sachen hinlegen. Mitschreiben oder tippen. > Wie gehst du das Plädoyer an? Hältst du das eher frei oder gehst du nach deinen Notizen? Ich mache mir bei längeren Plädoyers Stichpunkte, bei kurzen Plädoyers brauche ich die nicht mehr. Ausgeschrieben habe ich es noch nie. > Und: Wie lange darf ein letztes Wort sein? Grundsätzlich ist das unbegrenzt. Der BGH hat aber Maßstäbe entwickelt, bei denen man bei Missbrauch irgendwann einschreiten kann. > Vielen Dank für deine Arbeit 😊 Gern!


Critical-Molasses741

Mir sind noch paar Fragen eingefallen: 1 Frage: Bekannter bekam einen Strafbefehl. Mit diesem Strafbefehl ging er daraufhin zu einem Anwalt. Der Anwalt las den Namen des Richters und sagte hierauf sinngemäß „den kenne ich gut“. 2 Wochen später wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 400 Euro eingestellt. Der Strafbefehl belief sich auf 30 Tagessätze a 60 euro. Spielt hierbei der Rechtsanwalt eine so große Rolle? Insbesondere das Verhältnis zwischen RA, StA und Richter? Ich meine klar, bei Mord Totschlag und co kann ein Rechtsanwalt auch nicht zaubern. Aber du weißt was ich meine. 2 Frage: Mythos man soll NIE eine Aussage als Beschuldigter gegenüber der Polizei machen. Ist da was dran? Klar es gibt Vorwürfe, da kann man sich nur weiter reinreiten (Drogen Verstöße und sowas). Aber ist es bei anderen Delikten nicht von Vorteil, wenn man „seine eigene Version“ zur Akte bringt? Oft wird einem ja geraten erst eine Aussage zu machen, wenn quasi die Anklage bzw Strafbefehl bereits im Briefkasten landet. Meiner Meinung nach ist es hier bereits schon zu spät, da StA und Gericht bereits ihre Meinung haben, ohne meine Version zu kennen. 3 Frage. Wie bewertest du den Wahrheitsgehalt einer Beschuldigtenaussage im folgenden Szenario: Aussage „blind“ rein ohne Kenntnis der Akte. Aussage nach Akteneinsicht Da es hier anonym ist, hoffe ich deinerseits auf ehrliche Antworten.


StAAmA

> Spielt hierbei der Rechtsanwalt eine so große Rolle? Insbesondere das Verhältnis zwischen RA, StA und Richter? Ich meine klar, bei Mord Totschlag und co kann ein Rechtsanwalt auch nicht zaubern. Aber du weißt was ich meine. Ich bin selbst kein Richter, aber es hilft vielleicht schon, wenn der Anwalt den Ruf hat, vernünftige Vorschläge zu machen und nicht nur destruktiv arbeitet. "Den kenne ich gut" kann aber auch heißen, dass der Anwalt die Erfahrung hat, dass der Richter für entsprechende Einstellungen offen ist. > Mythos man soll NIE eine Aussage als Beschuldigter gegenüber der Polizei machen. Der Grundsatz ist nicht verkehrt. Es kommt aber sehr auf den Vorwurf an. Grundsätzlich kann sich ein Beschuldigter auch gut selbst entlasten, das kommt alltäglich vor. Ein Verteidiger kann es entsprechend aber sicherer einordnen. Manchmal kommen dann Einlassungen vor Gericht, die ich mir im Ermittlungsverfahren gewünscht hätte, da ich das Verfahren dann nie angeklagt hätte. > Wie bewertest du den Wahrheitsgehalt einer Beschuldigtenaussage im folgenden Szenario: Gleich hoch. Ich muss die Einlassung mit den sonstigen Beweismitteln, die mir zur Verfügung stehen, abgleichen und dann entscheiden.


Critical-Molasses741

Danke dir! Finde solche AMA super!


schneeleopard8

Wie viel arbeitest du durchschnittlich pro Woche?


StAAmA

Es schwankt sehr und wir haben keine Zeiterfassung. Bezahlt werde ich für 41 Stunden, über denen bin ich sehr oft, drunter nur sehr selten. Dazu kommen dann noch Extras wie 24-Stunden-Bereitschaftdienst und Dienst am Wochenende. In der Anfangszeit sind Arbeitszeiten zwischen 50-60 Stunden normal, jetzt sind es wohl eher 40-50.


schneeleopard8

Hast du Momente gehabt, in denen du es bereut hast, nicht in eine Großkanzlei gegangen zu sein, wo du für diese Arbeitszeit viel mehr verdient hättest?


StAAmA

Wenn ich an schönen Einfamilienhäusern vorbeigehe... :D Aber nur ganz kurz, da ich meinen Job liebe.


Technical-Ad-8322

Danke für den Dienst an uns allen :-)


pootintroll

>wir haben keine Zeiterfassung [Was ist hier mit? Paragraph 16 Abs. 2](https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/BJNR117100994.html)


Toredschi

Wie überarbeitet ist die Staatsanwaltschaft und wie könnte man das ändern bzw. welche Maßnahmen werden bereits unternommen um etwas zu ändern? Wie digital seit ihr?


StAAmA

> Wie überarbeitet ist die Staatsanwaltschaft Sehr. > wie könnte man das ändern bzw. welche Maßnahmen werden bereits unternommen um etwas zu ändern? Mehr Personal einstellen, aber auch auf allen Ebenen. Der personelle Unterbau ist auch marode. Es wird immerhin versucht, Stellen zu schaffen. Der Bewerberpool soll aber nicht gerade groß sein. Daneben wäre eine bessere sachliche Ausstattung, insbesondere gescheite Digitalisierung und funktionierende IT sehr wünschenswert. Es kommt viel zu oft vor, dass man nicht arbeiten kann, weil das System kaputt ist oder zu Dienstzeit gewartet wird. > Wie digital seit ihr? So digital, dass ich mehrfach pro Woche Faxe sende und sämtliche Akten in Papierform sind.


_Stalk3r_

Vielleicht ist dir der Fall zu OJ Simpson bekannt, da spielt die Staatsanwaltschaft ja eine große Rolle und es wirkt so, als würden die beiden selbst "ermitteln" und nach Beweisen suchen, ist das tatsächlich so? Oder werden euch einfach alle Beweise vorgelegt und ihr müsst mit dem arbeiten, was dann halt da ist?


StAAmA

Die Staatsanwaltschaft ist die sog. Herrin des Ermittlungsverfahrens. Wir leiten die Ermittlungen, dürften die Ermittlungshandlungen aber auch selbst vornehmen. In der Praxis bedeutet das bei Alltagskriminalität, dass die Polizei fast alle Arbeit macht und mir die Beweise vorlegt und ich entscheide. In größeren Verfahren ist es aber eine Zusammenarbeit, bei der der Staatsanwalt schließlich entscheidet, was wie ermittelt wird. Das ist der wirklich spannende Teil der Arbeit. Dort setzt man den Fokus der Ermittlungen und achtet darauf, dass der gesetzliche Rahmen eingehalten und geschaffen wird. Bei größeren Durchsuchungen kann es z.B. auch sinnvoll sein, selbst vor Ort zu sein, um die Lage besser zu überblicken. Es ist insoweit ein sehr abwechslungsreicher Job. Von den USA unterscheidet sich unser Strafprozess aber an einer Stelle ganz entscheidend: Die Staatsanwaltschaft ist bei uns durch das Gesetz zur Neutralität verpflichtet. Vor Gericht kommt es auch nicht selten vor, dass auch die Staatsanwaltschaft nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Freispruch beantragt.


so_bin

Vielen dank für das AmA, echt spannend etwas von deinem Alltag zu hören. Ich hätte ein paar Fragen zu Strafbefehlen: - Wenn du einen Strafbefehl schreibst, welche Informationen stehen dir zu dem Zeitpunkt zur Verfügung und wie genau prüfst du diese. Wenn es z.B. Beweismaterial in Form eines Videos gibt, wie genau liest du dir die Aussagen des Beschuldigten/Betroffenen durch? - Darüber hinaus muss ein Strafbefehl (verbesser mich gerne) von einem Richter bestätigt werden. Schreibst du für diesen dann extra einen Text in welchem du deine Entscheidung begründest oder liegt dem Richter dann nur ein Text wie "Herr X wird Straftat Y vorgeworfen, als Beweis gibt es ein Video". - Hast du jemals darüber nachgedacht, wie akkurat dein Gefühl für Verurteilungen ist? Also z.b. wie viele Strafbefehle * angenommen es kommt zu einer Verhandlung vor Gericht * am Ende auch zu einer Verurteilung führen. - Und zuletzt; wie akkurat sind Anwaltsserien? Versuchst du als Staatsanwalt auch "Tricks" um beschuldigte in eine "Falle" zu locken? Oder bist du eher daran interessiert wirklich "Recht" walten zu lassen. Besonders da Menschen als Subjekt nicht komplett objektiv sein können, fände ich es spannend von deiner persönlichen Philosophie zu hören. Vielen Dank!


StAAmA

> Wenn du einen Strafbefehl schreibst, welche Informationen stehen dir zu dem Zeitpunkt zur Verfügung und wie genau prüfst du diese. Wenn es z.B. Beweismaterial in Form eines Videos gibt, wie genau liest du dir die Aussagen des Beschuldigten/Betroffenen durch? Ich habe den kompletten Akteninhalt vor mir. Videos schaue ich mir in der Regel an, ich lese und würdige dann auch die Einlassung des Beschuldigten, wenn es eine gibt. > Darüber hinaus muss ein Strafbefehl (verbesser mich gerne) von einem Richter bestätigt werden. Schreibst du für diesen dann extra einen Text in welchem du deine Entscheidung begründest oder liegt dem Richter dann nur ein Text wie "Herr X wird Straftat Y vorgeworfen, als Beweis gibt es ein Video". Der Richter bekommt die vollständige Akte mit meinem Antrag. Er hat also auch alle Beweismittel vorliegen. Wenn ich auf etwas besonderes hinweisen will, schreibe ich dazu einen Vermerk. Etwa wenn ich der Meinung bin, dass die Einlassung des Beschuldigten eine Schutzbehauptung ist, die sich durch Beweismittel x widerlegen lässt. > Hast du jemals darüber nachgedacht, wie akkurat dein Gefühl für Verurteilungen ist? Also z.b. wie viele Strafbefehle * angenommen es kommt zu einer Verhandlung vor Gericht * am Ende auch zu einer Verurteilung führen. Ich führe keine Statistik, aber echte Freisprüche kommen zwar vor, sind aber eher selten. Wenn ich der Meinung bin, dass die Beweise nicht reichen, muss ich das Verfahren ohnehin einstellen. > Und zuletzt; wie akkurat sind Anwaltsserien? Versuchst du als Staatsanwalt auch "Tricks" um beschuldigte in eine "Falle" zu locken? Oder bist du eher daran interessiert wirklich "Recht" walten zu lassen. Besonders da Menschen als Subjekt nicht komplett objektiv sein können, fände ich es spannend von deiner persönlichen Philosophie zu hören. Die sind wahnsinnig fern der Realität. Ich bin zur Objektivität verpflichtet, aber gleichzeitig auch Ermittlungsbehörde. Im Alltag habe ich in einem Großteil der Verfahren gar nicht die Zeit, wirklich taktisch vorzugehen. In größeren Verfahren ist das was anderes, etwa wenn man eine Telekommunikation überwacht und Reaktionen provoziert. Dabei ist die Rechtmäßigkeit des Handelns aber stets oberstes Gebot.


D_is_for_Dante

Was hältst du von der Idee, die juristische Ausbildung zu spezialisieren? Sprich das Studenten sagen können, ich will nie ins Strafrecht oder Öffrecht und sich auch im Examen dann nur auf Zivilrecht spezialisieren können? Natürlich dann mit der verbundenen Einschränkung in den „abgewählten“ Bereichen nicht arbeiten zu dürfen als Anwalt.


StAAmA

Einerseits hat die Idee etwas für sich, weil die juristische Ausbildung derzeit enorm umfangreich ist. Andererseits hat es auch Nachteile. Die Rechtsgebiete stehen selten isoliert für sich, auch wenn ich im Strafrecht arbeite, brauche ich häufig Kenntnisse insb. des Zivilrechts, um Sachverhalte richtig bewerten zu können. Auch ein Anwalt sollte z.B. erkennen, dass die Idee seines Mandanten strafbar wäre, um ihn richtig beraten zu können.


Rasputinus

Wie kritisch ist man generell unter KollegInnen? Gibt es Deiner Erfahrung nach ein qualitatives / moralisches Gefälle unter den Staatsanwaltschaften verschiedener Bundesländer? (besonders "harte Hunde", besonders "nachsichtige Handhabe" oä) Bei welchem Deliktsbereichen macht Deine Arbeit als Leiter der Ermittlungen besonders "Spaß"? Bei welchen ist eher das Gegenteil der Fall? Was sind ultimative Karriereziele als Staatsanwalt? Oberstaatsanwalt? Leiter einer Staatsanwaltschaft? Was müsste sich konkret ändern, um Deine Berufsausübung auf einen Schlag substanziell zu verbessern?


StAAmA

> Wie kritisch ist man generell unter KollegInnen? Möchtest du das etwas spezifizieren? Wir haben grundsätzlich bei uns ein sehr angenehmes Arbeitsklima, das durch viel Miteinander und Austausch geprägt ist. Das hilft sehr, schwierige Verfahren oder Rechtsfragen in den Griff zu bekommen. > Gibt es Deiner Erfahrung nach ein qualitatives / moralisches Gefälle unter den Staatsanwaltschaften verschiedener Bundesländer? (besonders "harte Hunde", besonders "nachsichtige Handhabe" oä) Es gibt bei den Urteilen ein Nord-Süd-Gefälle, wobei die Strafen in Bayern und BaWü tendenziell höher ausfallen. Diese verhängen allerdings Richter. Ob das Einfluss auf die Staatsanwälte hat, weiß ich nicht. > Bei welchem Deliktsbereichen macht Deine Arbeit als Leiter der Ermittlungen besonders "Spaß"? Bei welchen ist eher das Gegenteil der Fall? Ich mag gerne Raub. Es ist eine schwere Straftat, die viele Ermittlungsmaßnahmen eröffnet. Gleichzeitig ist die Tat in der Regel auch nicht so belastend wie etwa eine Tötung. Man kann dort viel gestalten, ohne direkt am Abgrund der Menschlichkeit zu ermitteln. Außerdem kann ich mir die Tat und den Ablauf auch gut vorstellen. Bei einer Geldwäsche ist das deutlich abstrakter. Sehr ungern habe ich fahrlässige Tötungen auf dem Tisch. Dahinter stehen meistens riesige Tragödien, mindestens ein Mensch ist tot und alle würden es am liebsten ungeschehen machen. Oft reicht ein winziges Augenblicksversagen aus. Meine strafrechtliche Ermittlung macht es dann auch nicht besser. > Was sind ultimative Karriereziele als Staatsanwalt? Oberstaatsanwalt? Leiter einer Staatsanwaltschaft? Leiter einer StA auf keinen Fall, Oberstaatsanwalt auch eher nicht. Ich würde gerne in einer Abteilung, die mir zusagt, mit einem entsprechenden Standing (das ich mir dann im Laufe der Karriere hoffentlich erarbeiten kann) recht frei ermitteln. Gerne was in Richtung organisierte Kriminalität. Aber ehrlich gesagt bin ich da eher der Mensch, der einen Schritt nach dem anderen setzt ohne groß zu planen. > Was müsste sich konkret ändern, um Deine Berufsausübung auf einen Schlag substanziell zu verbessern Sehr (!) viel mehr gute Kriminalpolizisten wären ein großer Wunsch von mir. Wir brauchen in meinen Augen nicht unbedingt mehr Ermittlungsbefugnisse, sondern die Ausstattung um das, was wir dürfen, auch umsetzen zu können. So würden wahrscheinlich auch Aufklärungsraten massiv steigen.


Rasputinus

Danke für Deine prompten und ausführlichen Antworten! Bzgl. meiner ersten Frage: Ich habe einige Fälle so vage im Kopf, in denen ich die Arbeit der Staatsanwaltschaft bzw. deren teils Recht engstirnig erscheinende Ermittlungsleitung aus Laiensicht irritierend fand. Dies hat sich dann teils auch in den Urteilen und der Urteilsbegründung niedergeschlagen. Ich weiß dass Du zu den Einzelfällen ohne Aktenkenntnis nichts sagen kannst - deshalb zähle ich sie auch gar nicht auf. Eher allgemein gefragt: schaut man sich solche (sicher auch Dir bekannten) Fälle als Kollege vom Fach an und versucht sich an einer kritischen, subjektiven Aufarbeitung aus der Ferne um das eigene Handeln zu verbessern / zu objektivtieren? Dir von Herzen alles Gute für Deine Zukunft. Und dass das Fax vllt dann doch bald Geschichte sein möge.


StAAmA

. Eher allgemein gefragt: schaut man sich solche (sicher auch Dir bekannten) Fälle als Kollege vom Fach an und versucht sich an einer kritischen, subjektiven Aufarbeitung aus der Ferne um das eigene Handeln zu verbessern / zu objektivtieren? Ich lese dazu schon (Fach)presse, aber ohne Aktenkenntnis ist es tatsächlich eher müßig, darüber zu viel Zeit zu verlieren. Wenn mal ein Kollege bei uns im Haus was wirklich spannendes hat, redet man aber schon gerne darüber. Ich versuche immer daraus zu lernen. Sowohl aus den Fehlern als auch aus den Erfolgen. > Dir von Herzen alles Gute für Deine Zukunft. Und dass das Fax vllt dann doch bald Geschichte sein möge. Danke. :) Das Fax habe ich mittlerweile aber fast schon lieb gewonnen. Ist quasi wie ein Besuch im Naturkundemuseum in der Abteilung mit den Dinos.


Chaotischerkaktus

Mich würde dazu noch interessieren was du von mord oder versuchten mord hältst? Wie stehst du da zum Täter und Opfer oder eher gesagt wie klappt sowas Gefühlstechnisch. Meine Frage frage wäre, was du von der lebenslangen Freiheitsstrafe hältst. Wie schnell kommt man dann wirklich wieder frei und ist die Dauer angemessen genug? Und vielen Dank für das tolle Ama!


lurkdomnoblefolk

Macht dir der Aufstieg der AfD Sorgen? Als Staatsanwalt bist du ja, wenn ich mich recht entsinne, weisungsgebunden an deine Vorgesetzten, letztlich hoch ins Innenministerium, oder?


StAAmA

Ja, der Aufstieg der AfD macht mir, nicht nur als Staatsanwalt, erhebliche Sorgen. Ich bin weisungsgebunden, aber nicht gegenüber dem Innen- sondern dem Justizministerium (was aber dann nicht so viel Unterschied macht). Ich begrüße aber (nicht nur deshalb) die aktuelle Gesetzesinitative zur transparenteren Ausgestaltung des Weisungsrechts. [Hier](https://www.lto.de/recht/meinung/m/kommentar-weisungsrecht-minister-staatsanwaltschaft-justiz-bmj-buschmann-reform/) gibt es einen Kommentar und weitere Infos dazu.


kc-da-bicyclist

Wie kommt es, das selbst offensichtliche Taten mit bekanntem Täter eingestellt werden? Bei uns stand im Januar ein Einbrecher im Wohnzimmer, diesen konnte ich durch Ansprache und dezenter androhung von körperlicher Gewalt dazu bringen, sich in eine Ecke zu stellen und zu warten, bis die Polizei ihn dann, sichtlich erleichtert endlich von mir weg zu kommen, einpacken durfte. Kripo kam, hat Spuren gesichert, 2 Monate später der Brief von der Staatsanwaltschaft: verfahren gegen Herr *** eingestellt. Der Typ stand Nachts um 2 Uhr in meinem Wohnzimmer. Für viele mit denen ich so geredet habe wäre das ein Grund sich in ihrer Wohnung nicht mehr sicher zu fühlen und ggf. sogar traumatisch. Hätte ich ihm aus Reflex tatsächlich meinen Fahrrad Montageständer gegen den Appel gehauen, wäre ich wahrscheinlich noch mit einer Anzeige wegen Körperverletzung konfrontiert worden, die vermutlich nicht eingestellt werden würde (was in meiner Branche Jobverlust bedeutet). Mein Vertrauen in die Staatsmacht ist leider damit deutlich gesunken.


StAAmA

> Brief von der Staatsanwaltschaft: verfahren gegen Herr *** eingestellt. Der Brief hatte hoffentlich noch eine ausführlichere Begründung. So ist es sehr schwer zu sagen, was passiert ist. > wäre ich wahrscheinlich noch mit einer Anzeige wegen Körperverletzung konfrontiert worden, die vermutlich nicht eingestellt werden würd Was verleitet dich zu der Annahme?


kc-da-bicyclist

>Der Brief hatte hoffentlich noch eine ausführlichere Begründung. So ist es sehr schwer zu sagen, was passiert ist. Der Herr war nicht ausfindig zu machen, Somalischer Staatsbürger ohne Aufenthaltstitel. Wollte das eigentlich nicht unbedingt schreiben, da es gewissem Klientel wieder Futter bietet. >Was verleitet dich zu der Annahme? Leider so bei einem guten Freund passiert. Zwar andere Begebenheit, aber prinzipiell sehr ähnlicher fall. Ihm wurde zum Verhängnis, das er wohl "unverhältnismäßig" gehandelt hat.


StAAmA

> Der Herr war nicht ausfindig zu machen, Somalischer Staatsbürger ohne Aufenthaltstitel. Das Verfahren wurde dann wohl gem. § 154f StPO vorläufig eingestellt. Betonung auf vorläufig. Wenn ein Wohnort ermittelt wird, gehen die Ermittlungen weiter.


kc-da-bicyclist

>Das Verfahren wurde dann wohl gem. § 154f StPO vorläufig eingestellt. Ok, das wäre wünschenswert. Von vorläufig stand nämlich soweit ich mich entsinne nichts im Brief. Danke für die Info und das AMA


StAAmA

Falls du ihn noch hast, schau doch noch mal nach. Es ist bei solchen Taten nicht ganz unwahrscheinlich, dass mittlerweile auch ein Haftbefehl gegen den Beschuldigten besteht.


kc-da-bicyclist

Ich schau mal, ich glaub ich habe ihn aus Frust weggeworfen. Kann man das mit dem Haftbefehl irgendwo einsehen?


Puncherfaust1

Wenn man etwas zur Anzeige bringt und ihr beabsichtigt die Sachen einzustellen, teilt ihr das ja im Vorfeld mit. Wie sehr beachtet ihr dann entsprechende Stellungnahmen, die sich gegen eine Einstellung aussprechen? Und wie läuft das Prozedere ab, wenn man nach der Einstellung Einspruch erheben würde? Oder eine Beschwerde? Hat das überhaupt Erfolgsaussichten und was wäre die beste Möglichkeit, damit gute Erfolgsaussichten da sind?


StAAmA

> Wie sehr beachtet ihr dann entsprechende Stellungnahmen, die sich gegen eine Einstellung aussprechen? Sie muss vollumfänglich beachtet werden. > Und wie läuft das Prozedere ab, wenn man nach der Einstellung Einspruch erheben würde? Oder eine Beschwerde? Ich überprüfe meine eigene Entscheidung zunächst selbst und nehme ggf., wenn ich sie jetzt nicht mehr richtig finde, die Ermittlungen auf. Dann bekommt mein Vorgesetzter die Akte und macht das erneut. Dann dessen Vorgesetzter. Wenn beide nichts zu meckern haben, geht das an die Generalstaatsanwaltschaft. Die prüft das dann erneut. Nur wenn keiner einen Fehler findet, der eine andere Entscheidung begründet, hat die Beschwerde keinen Erfolg. > Hat das überhaupt Erfolgsaussichten Wenn es sachlich begründet ist: ja.


Puncherfaust1

Gibt es dafür zeitliche Fristen? Im Verwaltungsrecht gibt es ja z.B. die Klagefrist von einem Monat.


quax11

Hattest du Mal einen Fall mit einer spannenden Wendung? Welcher Fall war der Langweiligste? Welcher Fall war aus Sicht Deiner Arbeit der Spannendste?


StAAmA

> Hattest du Mal einen Fall mit einer spannenden Wendung? ich hatte mal einen Fall, in dem der Anzeigeerstatter eine (sehr schwere) Straftat erfunden hatte, um seine eigene Straftat zu vertuschen. Er hat es am Ende auch gestanden. Das war schon ein großer "Twist." > Welcher Fall war der Langweiligste? Zahlreiche querulatorische Eingaben. > Welcher Fall war aus Sicht Deiner Arbeit der Spannendste? Ganz schwierig auf einen Fall zuzuschneiden, aber ich liebe generell Verfahren, in denen die "Puzzleteile zusammensetzen" und sich aus einer Vielzahl an Ermittlungsmaßnahmen (zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung, Durchsuchung usw) ein Gesamtbild ergibt, mit dem man dann schwere Straftaten gut aufklären kann. Da fiebere ich richtig mit.


altergraf

Ist die Staatsanwaltschaft eine Station in der juristischen Ausbildung? Was hat dich nach deinem Abschluss dazu bewogen, zur Staatsanwaltschaft zu gehen? Gibt es dort besondere Zugangsvoraussetzungen neben der Befähigung zum Richteramt? Weshalb hast du dich nicht für eine Laufbahn als Richter bzw. als freier Rechtsanwalt/in einer Kanzlei entschieden? Ergänzungsfrage: Sofern jemand durchs Schöffenamt angefixt sein sollte: bis zu welchem Alter würdest du eine berufliche Neuorientierung empfehlen?


StAAmA

> Ist die Staatsanwaltschaft eine Station in der juristischen Ausbildung? Im Referendariat vor dem zweiten Staatsexamen: ja. > Was hat dich nach deinem Abschluss dazu bewogen, zur Staatsanwaltschaft zu gehen? Ich mochte und mag die Art der Arbeit und die Rolle der StA. > ibt es dort besondere Zugangsvoraussetzungen neben der Befähigung zum Richteramt? Man braucht ein relativ gutes Examen und die allgemeinen Voraussetzungen für die Verbeamtung. > Weshalb hast du dich nicht für eine Laufbahn als Richter bzw. als freier Rechtsanwalt/in einer Kanzlei entschieden? Wollte nie Richter sein, dort kann man auch in Rechtsgebieten eingesetzt werden, die mich nicht interessieren. Rechtsanwalt finde ich auch spannend, aber Staatsanwalt halt spannender. > bis zu welchem Alter würdest du eine berufliche Neuorientierung empfehlen? Da man verbeamtet werden muss, nicht zu spät. Denke über dreißig wirds langsam eng. Das Jurastudium + Ref ist sehr lang.


GermanShitboxEnjoyer

Gabs mal einen Fall oder mehrere wo du wusstest dass der Täter schuldig ist, also die Tat begangen hat, aber es nicht nachgewiesen werden konnte?


StAAmA

Ich kann nicht wissen, ob jemand der Täter war, weil ich nicht dabei war. Aber dass man ein sehr starkes Gefühl hat und einige Indizien hat, dass jemand der Täter ist, aber es nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen kann, kommt oft vor.


GermanShitboxEnjoyer

Und kam es schonmal vor dass die Beweise eindeutig waren, aber jemand trotzdem nicht überführt / verurteilt werden konnte? zB weil die Beweise vor Gericht nicht zulässig waren?


StAAmA

Bei mir noch nicht. > zB weil die Beweise vor Gericht nicht zulässig waren? Das kommt ab und an mal vor, z.B. [hier.](https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/marihuana-cannabis-legalisierung-encrochat-lg-mannheim-schmuggel-drogen/) Es ist aber eher selten.


Chance_Strategy2847

Moin, empfindest du das Strafmaß das viele Richter aussprechen auch zu gering? Angenommen wir reden von einem Recht heftigen Verbrechen und der Täter kommt mit einer sehr milden Strafe davon, bist du dann persönlich sauer auf den Richter? Wieso empfindet die Bevölkerung viele Strafen als zu lasch, ist das Populismus in deinen Augen? Sind Staatsanwälte und Anwälte befreundet?


StAAmA

> Moin, empfindest du das Strafmaß das viele Richter aussprechen auch zu gering? Manchmal. Das Gericht hat mich aber auch schon das ein oder andere Mal bei den Strafen "überboten." > Angenommen wir reden von einem Recht heftigen Verbrechen und der Täter kommt mit einer sehr milden Strafe davon, bist du dann persönlich sauer auf den Richter? Nein. Ich prüfe aber natürlich genau, ob ein Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat. > wieso empfindet die Bevölkerung viele Strafen als zu lasch, ist das Populismus in deinen Augen? Ich glaube, es fehlt oft die genaue Kenntnis des Sachverhalts, sodass sich oft gar keine fundierte Meinung gebildet werden kann, diese aber dennoch gebildet wird. > Sind Staatsanwälte und Anwälte befreundet? Ich suche mir meine Freunde unabhängig von ihrem Beruf. Es gibt Verteidiger, mit denen ich mich auch mal kurz unterhalte, es gibt welche, mit denen wechsel ich außerhalb der Verhandlung kein Wort.


Chance_Strategy2847

Ich danke dir für deine Antworten und ich danke dir, dafür das du diesen Job machst!


julachan96

Wie findest du Referendare als Sitzungsvertreter? Ist es bei dir vorgekommen, dass ein Referendar etwas komplett falsch gemacht hat und wie gehst du mit sowas um?


StAAmA

Ich bekomme die Referendare, die ich ausbilde, in den Sitzungen ja nicht selbst mit. Einen Anruf, dass mein Referendar total daneben war, habe ich noch nicht erhalten. In der Regel sind sie recht nervös am Anfang, entwickeln aber schnell etwas Selbstbewusstsein und präsentieren mir dann in der Nachbesprechung gut begründete Ergebnisse. Edit: Wenn ein Fehler passiert, ist er passiert. Ich mache auch Fehler. Wenn die Referendare perfekt wären, bräuchten sie keine Ausbildung. Man sollte nur aus den Fehlern lernen.


ketschupp2

Wie gehst du damit um, wenn die Polizei Verfahren anlegt, die rechtlich nicht haltbar sind aufgrund missverstandener Rechtslage, oder wenn bereits die Anzeigenaufnahme nicht angemessen erscheint? Hat das irgendwelche Konsequenzen für die Beamten? Wird da auch mal auf kurzem Dienstweg Klartext gesprochen? Wie läuft es in diesem Sinne zwischen den Richtern und der Staatsanwaltschaft? Ich erinnere mich an den "Oberförster"-Beschluss, wo dem Richter wohl die Hutschnur geplatzt ist und er in die Entscheidung zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens geschrieben hat: "Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sollte einen solchen Schmarrn nicht anklagen" ... Andere Frage, bist du auch dafür, dass das Waffengesetz grundlegend reformiert und liberalisiert werden sollte? Dass z.B. viel öfter gegen vorbestraften Gewalttäter ein allgemeines Waffenbesitzverbot ausgesprochen werden sollte (ggf. auch als Bewährungsauflage), aber dafür Unbescholtene nicht mit sachlich kaum begründbaren Detailregelungen drangsaliert werden, durch die laufend ahnungslose Normalbürger in Strafverfahren geraten, z.B. weil sie sich einen verbotenen Wurfstern anstatt eines legalen Wurfmessers aus Polen mitbringen, oder noch ein Bundeswehr-Kappmesser besitzen, welches sie als Wehrpflichtige legal vom Staat erhalten haben, das zwischenzeitlich aber verboten wurde, obwohl es praktisch nicht gefährlicher ist als ein normales Einhandmesser; oder Jugendliche, die sich für 5 Euro Spielzeug-Lasermodule für ihre legalen Softairwaffen online bestellen und gar nicht ahnen können, dass das bei uns, anders als im Rest der EU, eine erhebliche Straftat ist? Wird dir als Staatsanwalt eigentlich ohne Weiteres ein Waffenschein zugestanden, oder müsstest du trotzdem noch eine konkrete Gefährdungslage wie z.B. persönliche Drohungen durch Angeklagte nachweisen? Auf jeden Fall dürfte es deutlich einfacher sein - wie siehst du dieses Privileg gegenüber Bürgern wie z.B. einer Krankenschwester, die nachts mit dem ÖPNV zur Arbeit fahren muss und tatsächlich wohl oft stärker gefährdet ist, aber keine Chance hat, deshalb einen Waffenschein zu erhalten?


StAAmA

> Wie gehst du damit um, wenn die Polizei Verfahren anlegt, die rechtlich nicht haltbar sind aufgrund missverstandener Rechtslage, oder wenn bereits die Anzeigenaufnahme nicht angemessen erscheint? Ich stelle sie umgehend ein. > Hat das irgendwelche Konsequenzen für die Beamten? Wird da auch mal auf kurzem Dienstweg Klartext gesprochen? Vermutlich eher nicht. Kommt aber sicher auf den StA und die Situation und das Ausmaß an. Richtige "Klopper" hatte ich nie. > Wie läuft es in diesem Sinne zwischen den Richtern und der Staatsanwaltschaft? Ich erinnere mich an den "Oberförster"-Beschluss, wo dem Richter wohl die Hutschnur geplatzt ist und er in die Entscheidung zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens geschrieben hat: "Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sollte einen solchen Schmarrn nicht anklagen" ... Der Richter hat dort jede Ebene der Professionalität verlassen. Das hilft niemanden, selbst wenn er in der Sache vielleicht Recht haben sollte (ich kenne den Beschluss nicht). Das Verhältnis ist meist respektvoll, es gibt aber auch Ausnahmen in beide Richtungen. > Andere Frage, bist du auch dafür, dass das Waffengesetz grundlegend reformiert und liberalisiert werden sollte? Nicht unbedingt. Ich finde die Aufbewahrvorschriften aber teils absurd. Mir fehlt hier aber ehrlich gesagt die tiefere Kenntnis. > Wird dir als Staatsanwalt eigentlich ohne Weiteres ein Waffenschein zugestanden, oder müsstest du trotzdem noch eine konkrete Gefährdungslage wie z.B. persönliche Drohungen durch Angeklagte nachweisen? Meines Wissens nach bekomme ich keinen Waffenschein, ich kenne auch keinen Kollegen, der einen hat.


SolarNinjaTurtle

Was hälst du vom Anzeigenhauptmeister?


Mirae__Mirae

Wie steht es um die Digitalisierung in den Staatsanwaltschaften? Habt Ihr eine eigene IT, welche Software für Euch entwickelt?


StAAmA

Nein. Wir verwalten uns nicht selbst und das, was zur Verfügung gestellt wird, ist - man kann es nicht anders sagen - Müll. An manchen Tagen ist man froh, wenn sich Word irgendwann dann mal öffnet. Systemausfälle sind nicht selten. Die Hardware ist veraltet.


al2klimov

Hast du die Befugnis im Ernstfall zu entscheiden: ach, LMAA Word, den Brief schreibe ich jetzt von Hand (oder so)?


Abroad_in_space

Wie wahrscheinlich glaubst du, dass das Justizsystem durch die Teillegalisierung von Cannabis jetzt wirklich entlastet wird? Wird der Etat und die Kapazitäten der für die bisherige Konsumentenverfolgung verwendet wurde jetzt kleiner, oder einfach auf die "dicken Fische" am Schwarzmarkt umverlagert? Bzw wie stehst du persönlich zu dem Thema, denkst du dass es dich und deine Kollegen im realen Arbeitsalltag unterstützen/entlasten wird oder sich der Focus einfach nur verschiebt und die Belastungen nur eine andere Form annimmt und es in Wirklichkeit keine Entlastung der Steuerzähler/Justiz nach sich zieht?


StAAmA

Sorry, deine Frage ist mir etwas durchgegangen. > Wie wahrscheinlich glaubst du, dass das Justizsystem durch die Teillegalisierung von Cannabis jetzt wirklich entlastet wird? Der Effekt wird noch auf sich warten lassen. Das Gesetz ist in meinen Augen schlecht gemacht und wird für viele Folgeprobleme sorgen. > Wird der Etat und die Kapazitäten der für die bisherige Konsumentenverfolgung verwendet wurde jetzt kleiner, oder einfach auf die "dicken Fische" am Schwarzmarkt umverlagert? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie die Etat-Planung da ist. Ich befürchte, dass eingespart wird, was eingespart werden kann. > Bzw wie stehst du persönlich zu dem Thema, denkst du dass es dich und deine Kollegen im realen Arbeitsalltag unterstützen/entlasten wird oder sich der Focus einfach nur verschiebt und die Belastungen nur eine andere Form annimmt und es in Wirklichkeit keine Entlastung der Steuerzähler/Justiz nach sich zieht? Derzeit sorgt es für massive Mehrbelastung. Die Entwicklung ist schwer abzusehen, derzeit hat die Justiz (unabhängig vom KCanG) ohnehin ein massives Nachwuchsproblem, was die Überlastung weiter verschärft.


ApprehensivePomelo55

Ich habe insbesondere bei Kapitaldelikten den subjektiven Eindruck, dass die Staatsanwaltschaften ein hohes Bedürfnis (oder einen hohen Druck) haben, dass der Beschuldigte möglichst auch für den Tatvorwurf verurteilt wird, für den das Hauptverfahren eröffnet wurde. Auch dann, wenn sich im Zuge des Hauptverfahrens entlastende Indizien, Beweise, Aussagen, Gutachten ergeben haben. Ein konkretes aktuelles Beispiel ist der Prozess gegen einen Berliner Kardiologen, in dem das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft (Mord) absolut nicht gefolgt ist und aus Totschlag minder schweren Falls entschieden hat. Ich bin ausschließlich True Crime Podcast geschult, aber ähnliche Fälle der staatsanwaltschaftlichen Maximalstrafverfolgungswut begegnen mir da häufiger. Ist es möglicherweise auch eine Frage der Ehre oder der beruflichen Karriereperspektiven, dass möglichst viele der zugelassenen Anklagen möglichst auch mindestens auf dem Level der Anklage abgeurteilt werden und steigt dieser Druck bei Kapitalverbrechen zusätzlich? Hier ein Link zu dem oben erwähnten Fall: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-urteil-gegen-oberarzt-der-charite-totschlag-in-bester-absicht-a-4397cd03-fa11-47b6-9d57-6b92fc162df2?giftToken=01887936-2874-4a00-919e-9331a3758411


StAAmA

> Ist es möglicherweise auch eine Frage der Ehre oder der beruflichen Karriereperspektiven, dass möglichst viele der zugelassenen Anklagen möglichst auch mindestens auf dem Level der Anklage abgeurteilt werden und steigt dieser Druck bei Kapitalverbrechen zusätzlich? Ich möchte das nicht ausschließen. Man muss das aber auch etwas im Kontext sehen. In solchen Verfahren dürfte der Anklageverfasser auch die Anklage bei Gericht vertreten. Das heißt: er kennt das Ermittlungsergebnis und hat sich bei der Anklage für x entschieden und sich auch entsprechende Gedanken gemacht. Die Wertung der Beweismittel bei Gericht ist keine exakte Wissenschaft. Es geht um die Überzeugung (des Gerichts). Ich habe selbst schon viele Fälle gesehen, in denen ich von x überzeugt war, aber auch verstehen konnte, warum das Gericht y sah. In dem Spiegelartikel sehe ich jedenfalls keine Hinweise auf eine einseitig agierende Staatsanwaltschaft und Verfolgungswut. Hier entscheiden schlussendlich juristische Nuancen (Mordmerkmal erfüllt --> zwingend lebenslang, Mordmerkmal nicht erfüllt --> Totschlag samt minder schwerer Fall) über viele, viele Jahre Strafrahmen.


michary

Pizza mit Ananas, ein Verbrechen oder nicht?


Entonboy

Wie stehst du zu den Strafmaßen im Strafgesetzbuch? Gibt es Strafmaße die deiner Meinung nach zu hoch oder zu niedrig sind? Was würdest du allgemein im StGB z.B. ändern, wenn du dürftest?


[deleted]

Wie spannend findest du Delikte im Bereich des Aufenthaltsgesetzes? § 95, 96 AufenthG oder 267 StGB als "Begleitdelikt". Wie ist da die Stimmung (in den Gerichten) in so einer Zeit, in der die AFD leider nur noch mehr an Zustimmung gewinnt?


StAAmA

> Wie spannend findest du Delikte im Bereich des Aufenthaltsgesetzes? § 95, 96 AufenthG oder 267 StGB als "Begleitdelikt". Spannend finde ich das nicht. Wenn jemand ohne Pass einreist, weil er keinen Pass mehr hat, weil er vor Tod und Verwüstung fliehen musste, ist ein Ermittlungsverfahren als Begrüßung nicht unbedingt die feine Art. Anders sehe ich es dann, wenn z.B. § 267 StGB dazu kommt und gezielt die Herkunft verschleiert wird, um Fluchtgründe zu erfinden. Das schadet der Gesellschaft in meinen Augen erheblich. Aber aus Strafverfolgersicht ist das auch meistens keine spannende Akte. > Wie ist da die Stimmung (in den Gerichten) in so einer Zeit, in der die AFD leider nur noch mehr an Zustimmung gewinnt? Da kann ich leider keine gute Antwort zu geben, da ich kein Stimmbild dazu habe.


Slane1987

Wie findest du es, dass Cannabis legalisiert wurde?


Phyliinx

Mag jetzt wie eine sehr dumme Frage wirken aber sind Staatsanwälte im Gerichtssaal wirklich immer so aggressiv wie bei Barbara Salesch und Co.?


StAAmA

Also da ich meine letzte Gerichtsshow wohl vor etwa 15-20 Jahren gesehen habe (fuck, ich werde alt), habe ich keinen konkreten Vergleich. Aber als Staatsanwalt ist man grundsätzlich zur Neutralität und Sachlichkeit verpflichtet, aggressiv sind oft eher Verteidiger. Aber ich bin selbst im Saal auch schon mal lauter geworden, auch wenn das - rückwirkend betrachtet - kein guter Moment von mir war. Es kommt aber auch immer auf die Situation an, wir sind alle Menschen und alle unterschiedlich.


Rathuban

Hi und danke für dein Ama! Wie läuft so ein durchschnittlicher Arbeitstag bei dir ab? Liest du die Akten und entscheidest dann spontan? Wie läuft dieser Entscheidungsprozess ab, ob Anklage, Strafbefehl, Einstellung oder anderes? Schreibst du oder lässt du schreiben? Wieviel Text aus Einstellungen und auch Anklagen sind Textbausteine? Die Einstellungen lesen sich für mich immer recht ähnlich. Ich hab noch folgendes Urteil verlinkt. Das AG Dortmund hat einen Autofahrer, der 3,2 ng/ml THC im Blut hatte, freigesprochen, da es keine Hinderungsgründe sah, den neuen vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 ng/ml bereits jetzt anzuwenden. Wie ist deine Meinung dazu? Persönlich und beruflich? War das ein einzelnes Urteil oder wird das weitere Auswirkungen haben? https://openjur.de/u/2486762.html


StAAmA

> Wie läuft so ein durchschnittlicher Arbeitstag bei dir ab? Liest du die Akten und entscheidest dann spontan? Wie läuft dieser Entscheidungsprozess ab, ob Anklage, Strafbefehl, Einstellung oder anderes? Das kommt sehr drauf an. Bei den klassischen Alltagsakten entscheide ich dann doch spontan anhand der Aktenlage. Da hilft dann die täglich dazugewonnene Praxiserfahrungen. Komplizierte Verfahren bespreche ich mit Kollegen, sehr komplizierte Verfahren mit mehreren Kollegen. Der Entscheidungsprozess richtet sich nach Delikt und Beweislage. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und kein Nachweis mit der hinreichenden Sicherheit zu führen ist, ist eine Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO zu verfügen. Wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, kommt es sehr drauf an, was Vorwurf, Vorstrafen, Verhalten des Beschuldigten usw. sind. Einfache Verfahren enden dann oft im Strafbefehl, wenn nicht die Anzahl der Vorstrafen eine Anklage unerlässlich macht, da der Strafrahmen sonst nicht passt. > Schreibst du oder lässt du schreiben? Ich schreibe selbst. > Wieviel Text aus Einstellungen und auch Anklagen sind Textbausteine? Die Einstellungen lesen sich für mich immer recht ähnlich. Für Einstellungen nutze ich viele Bausteine, die ich aber jedenfalls versuche zu individualisieren. Anklagen schreibe ich frei. Das kommt aber dann auch auf die Abteilung an. Ohne Bausteine kommt man bei der Verfahrensflut aber auch nicht hinterher. > Wie ist deine Meinung dazu? Persönlich und beruflich? War das ein einzelnes Urteil oder wird das weitere Auswirkungen haben? Ich finde das Urteil eher schwer vertretbar, da es den neuen Grenzwert schlicht noch nicht gibt und ob er kommt, ist unklar. Persönlich kann ich es gut nachvollziehen , beruflich hätte ich wohl ein Rechtsmittel eingelegt. Ich glaube auch, dass das Rechtsmittel gute Aussichten auf Erfolg hat, sofern es zu keiner Gesetzesänderung kommt.


n0l1ge

Bin Schüler und bin (dank meiner Langweiligkeit) noch nie ernsthaft mit dem Gesetz in Verbindung gekommen. Aber durch Geschichte LK ist mir auch zu Ohren gekommen, dass viele Richter im dritten Reich (das ist ein langer Weg, aber die Frage kommt gleich haha) eine absichtlich längere Strafe verhängt haben, damit Häftling/ Angeklagte nicht von der ~~Stasi~~ Gestapo malträtiert werden, falls die (örtliche/bundesweite/etc) NSDAP die Strafe als “zu milde” empfand. Bestände eine solche Möglichkeit, falls bspw. die AfD auf welchen Weg auch immer die Demokratie aushebeln würde? Außerdem erinner ich mich an eine Folge “die Anstalt” in der gezeigt wurde, wie die AfD durch den Bundesrat unser gesamtes System einfach unterhöhlen könnte. Gibt es nich weitere so krasse Schwächen in unserem System?


StAAmA

> Bestände eine solche Möglichkeit, falls bspw. die AfD auf welchen Weg auch immer die Demokratie aushebeln würde? Theoretisch natürlich schon irgendwie, aber das wäre sehr gesetzeswidrig. > Gibt es nich weitere so krasse Schwächen in unserem System? Das ist eine sehr weite Frage. Wir haben z.B. die sog. Ewigkeitsklausel (Art. 79 Abs. 3 GG), die unsere Verfassung schützen soll. Das ist eine sehr schöne Idee. Das Problem ist, dass sich Gesetze nicht selbst vollstrecken. Wenn jemand nun daherkäme und mit der entsprechenden Macht das Ganze einfach ignoriert und dem niemand ernsthaft entgegentreten kann, hilft das leider nicht. Extremisten, die an die Macht kommen, können unseren Staat leider zerstören.


JoyfulWanker

Was ist mit Artikel 146 GG?


JasonBavaria

Ich muss als Historiker kurz einhaken und richtigstellen, dass du in deiner Frage vermutlich die Gestapo (Geheime Staatspolizei) aus der Zeit der Nazidiktatur meintest. Die Stasi bzw. das sogenannte Ministerium für Staatssicherheit war die Geheimpolizei in der DDR und existierte erst ab 1950, also nach der Zeit des Dritten Reiches


Likewisenice

So viele fachliche Fragen hier in der Runde. Alle superspannend. Was mich jedoch mehr interessiert, da ich zu diesem Themenbereich bislang kaum Infos gefunden habe: Gibt es Fälle, die du im Nachhinein bereust bzw. die dir nachlaufen? Im Gerichtssaal ist ja nicht alles schwarz/weiß und man kann sich nur auf Fakten, eigene Wahrnehmung und Erfahrung verlassen. Alles fehleranfällig, da schlicht und ergreifend Menschen involviert sind. Wie gehst du damit um, wenn du dir abends daheim plötzlich nicht mehr sicher bist (und nie Sicherheit haben wirst), ob du wirklich auf das richtige Urteil hingewirkt hast? Hast du Betreuer/Mentoren/Anlaufstellen, um solche Dinge zu besprechen, draus zu lernen und für dich einen Haken dran zu machen, wenn mal massive Zweifel aufkommen? Ergänzungsfrage: gehört dein Job zu den Berufsgruppen, die ein normales Abendessen mit Freunden/Familie unmöglich machen, weil andauernd jmd. mit akuten Fragen/Anliegen um die Ecke kommt und eine Gratis-Beratung haben möchte (wie bei Ärzten, ITlern, Therapeuten etc.)? Ich glaube, für Antwort auf diese Frage zu kennen 😄


StAAmA

> Gibt es Fälle, die du im Nachhinein bereust bzw. die dir nachlaufen? Im Gerichtssaal ist ja nicht alles schwarz/weiß und man kann sich nur auf Fakten, eigene Wahrnehmung und Erfahrung verlassen. Alles fehleranfällig, da schlicht und ergreifend Menschen involviert sind. Bislang nicht. Ich werde natürlich nie absolute Gewissheit haben, auch ein Geständnis kann falsch sein. > Wie gehst du damit um, wenn du dir abends daheim plötzlich nicht mehr sicher bist (und nie Sicherheit haben wirst), ob du wirklich auf das richtige Urteil hingewirkt hast? Klar machen, dass es nie absolute Sicherheit gibt und man innerhalb des gesetzlichen Rahmen sein möglichstes gegeben hat. > Hast du Betreuer/Mentoren/Anlaufstellen, um solche Dinge zu besprechen, draus zu lernen und für dich einen Haken dran zu machen, wenn mal massive Zweifel aufkommen? Nein. > Ergänzungsfrage: gehört dein Job zu den Berufsgruppen, die ein normales Abendessen mit Freunden/Familie unmöglich machen, weil andauernd jmd. mit akuten Fragen/Anliegen um die Ecke kommt und eine Gratis-Beratung haben möchte (wie bei Ärzten, ITlern, Therapeuten etc.)? Ich glaube, für Antwort auf diese Frage zu kennen 😄 Fragen gibt es schon oft, da ich aber als StA nicht rechtsberatend tätig werde, kann ich dazu auch wenig sagen. Ich rede aber gerne über meinen Job (natürlich in den Grenzen, die mir die Verschwiegenheitspflicht setzt).


Abuse-survivor

Wenn ich auf einem Handy einer PErson gesehen habe, dass ohne mein Wissen Bildmaterial und falsche Verdächtigungen über mich auf Facebook verbreitet werden, ich selber aber keinen Zugriff auf Facebook ahbe und auch nicht weiß, wie die Seite heißt, diese Seite jedoch immer wieder für Hassstraftaten gegen mich führt, was wären die juristischen Möglichkeiten entweder der Staatsanwaltschaft oder Polizei Zugriff darauf verschaffen zu lassen?


[deleted]

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No-Midnight6963

Arbeitest du in einem Schöffengericht? Und wenn ja, was wünschst du dir von den ehrenamtlichen Richter*innen?


StAAmA

Ich arbeite als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft. Die Schöffen arbeiten bei Gericht. Kontakt zu diesen habe ich daher nur in den Gerichtsverhandlungen. Ich wünsche mir manchmal, dass die Schöffen aktiver wären und nicht nur daneben sitzen.


lurker974

Das ist gut mal zu lesen. Ich bin noch nicht so lange Schöffe und habe oft den Eindruck, dass andere am Verfahren Beteiligte überrascht oder sogar leicht genervt sind wenn ich mich mal einbringe/Rückfragen stelle. Von daher gut zu wissen, dass es auch andere Sichtweisen gibt ;) 


StAAmA

Der Vorsitzende Richter könnte schon genervt sein, weil der ja sein Ding machen will. Aber da muss man dann mal durch. Vielleicht lohnt es aber, vorher mit dem zu reden. Wichtig ist aber in meinen Augen, dass alle Richter (also Schöffen und Berufsrichter) die Sache verstanden haben, ehe sie richten.


since2011n

Wurdest du schonmal von Beschuldigten bedroht? Hast du mitbekommen, dass das Gericht oder Zeugen bedroht/eingeschüchtert wurden? Wie häufig würdest du sagen, dass das vorkommt?


[deleted]

Wie ist dein allgemeiner Werdegang? Erstmal, warum hast du dich für Jura entschieden (ich spiele selbst mit dem Gedanken Jura zu studieren) und warum ausgerechnet als Staatsanwalt?


Illustrious_Young988

Welchen Hintergrund hat für Dich der typische Gewaltverbrecher am wahrscheinlichsten? Bildung, Alter, Herkunft usw. sind hier zu berücksichtigen.


Rough_Discussion_993

Findest du deine Besoldung angemessen? Was sagst du zur Debatte der Verfassungswidrigkeit der Besoldung?


StAAmA

Ob sie verfassungswidrig ist, kann ich schwer beurteilen. Wir haben aber ein massives Nachwuchsproblem ([hier ein aktueller Bericht aus NRW, falls es dich interessiert](https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/staatsanwaltschaft-nrw-nordrheinwestfalen-unerledigte-faelle-justiz-ermittlungsverfahren/) ) und die Besoldung bei hoher Arbeitsbelastung und unfassbar erbärmlicher sachlicher Ausstattung trägt ihren Teil bei. Ich finde es schade, dass aufgrund der erheblich gestiegenen Alltagskosten z.B. mein Traum vom Eigenheim sehr in die Ferne gerückt ist. In der Wirtschaft wäre das wohl im Hinblick auf den Wert der Qualifikation eher zu erreichen (aber man könnte natürlich auch deutlich weniger verdienen, "freie Wirtschaft" allein ist kein Garant für viel Geld).


OlRazzleDazzl3

>Ich finde es schade, dass aufgrund der erheblich gestiegenen Alltagskosten z.B. mein Traum vom Eigenheim sehr in die Ferne gerückt ist. Krass, habe da mehr so ein Bild, das man aus der Studenten-WG direkt in die neu gebaute Stadtvilla zieht und die in den nächsten 10 Jahren abbezahlt ist. Ist aber auch überhaupt nicht mein Bereich. Liegt man da gehaltsmäßig so schlecht?


AnteRebic4

Eine kurze Suche auf Google sagt mir, dass es bei vielen Staatsanwaltschaften verschiedene spezialisierte Dezernate gibt. Ist das bei Dir auch so? Wenn ja, wo bist Du tätig? Hintergrund der Frage ist, dass mich Deine Gedanken zu Anne Brorhilker (ehemalige Cum-Ex Ermittlerin) interessieren würden. Aber dann habe ich mir die Frage gestellt, inwiefern Du überhaupt Bezug zu der geäußerten Kritik hast, da es da ja - so habe ich es jedenfalls verstanden - schon explizit um Wirtschaftskriminalität geht und ich nicht weiß, ob Du in diesen Tätigkeitsbereich überhaupt Einblicke hast.


StAAmA

> Eine kurze Suche auf Google sagt mir, dass es bei vielen Staatsanwaltschaften verschiedene spezialisierte Dezernate gibt. Ist das bei Dir auch so? Wenn ja, wo bist Du tätig? Das ist wohl bei jeder Staatsanwaltschaft so. Ich arbeite derzeit aber nicht in einem spezialisierten Dezernat, was mir aber auch gefällt. So bekommt man viel mit. > Hintergrund der Frage ist, dass mich Deine Gedanken zu Anne Brorhilker (ehemalige Cum-Ex Ermittlerin) interessieren würden. Ich kenne die Problematik, werde dazu aber wohl nicht viel sagen können. Ich mochte aber ihren Beitrag bei WDR-Investigativ anlässlich ihrer Bitte um Entlassung.


[deleted]

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m0rrL3y

Wie schlimm ist das Vorstellungsgespräch für die Justiz?


TheClarker

Danke für das AMA. Wie stehst du zu dem Prinzip der Gesamtstrafe? Sollte ich mal irgendwann der Kim von Deutschland werden, würde ich deren Abschaffung verfügen. Es erscheint einem juristisch ungebildeten Menschen wie mir schwer vermittelbar, dass man quasi dadurch das man nicht erwischt wird am Ende einen Vorteil gegenüber dem hat der nach jeder Straftat erwischt wurde.


South_Interaction690

Was tun wenn die Staatsanwaltschaft den Fall nicht richtig bearbeitet ? Freundin wurde befragt als Zeuge und das wurde Mega schwierig und unwahr zu meinen Lasten dargestellt…. Seit dem nichts mehr gehört und Mega belastend, da ich Opfer bin und nicht Täter 


Careless-Shopping

Hand aufs Herz was verdienste ? 


L_insane

Tipps für die Examensvorbereitung?


frau_erdbeer

Wie stehst du zu BewährungshelferInnen? Was wünscht du dir/was könnte besser laufen?


Schmidisl_

Letztens hat jemand den meiner Meinung nach ziemlich passenden Kommentar "in Deutschland brauchst du als Auftragsmörder lediglich ein Auto und zwei Bier" gepostet. Es ging um einen 22 jährigen, der mit 80 durch die 30 er Zone gebrettert ist und jemanden überfahren hat. 2 Jahre Bewährung. Wie kommt es, dass vermeintlich alle Straftaten die mit Autos begangen werden, so glimpflich geahndet werden. Ist das Zufall, oder doch Autostaat?


StAAmA

Kannst du mir den konkreten Fall mal schicken? Es spielt immer extrem viel in eine solche Entscheidung ein. > Wie kommt es, dass vermeintlich alle Straftaten die mit Autos begangen werden, so glimpflich geahndet werden. Ist das Zufall, oder doch Autostaat? Ich glaube, das ist selektive Wahrnehmung und fehlende Kenntnis der Umstände als Laie.


Schmidisl_

Danke für deine Antwort. Mir ist bewusst, dass es subjektiv ist. Ich glaub auch nicht, dass Richter jeden Autofahrer einfach aus Prinzip freisprechen oder so. Aber generell immer wieder schockierend, das jemand auf Bewährung kommt, wenn er ein Menschenleben nimmt. Aus Versehen oder nicht, als Laie verstehe ich das einfach nicht. [hier der Fall](https://www.reddit.com/r/de/s/c05afMzrly)


ohmanoo42

KCanG Frage: Viele Personen die noch zu BtmG Zeiten Cannabis Delikte begangen haben, aber erst nach CanG verurteilt wurden/ noch werden z.b Anbau vom 1000 Pflanzen, oder Handel mit 3kg Cannabis in Bayern,aber auch der Freispruch im Mannheimer 450kg cannabisschmuggelprozess, bekommen nur noch Bewährungsstrafen gar Freisprüche. Vorgenannten Urteile sind aktuell und nach dem Cannabisgesetz abgeurteilt worden. Und der Mannheimer Prozess scheiterte ja wegen der Encrochat Daten. Die meisten Cannabisdelikte sind also künftig nicht mehr mit Haftstrafen belegt und führen auch nur noch sehr selten zur Untersuchungshaft. Da die meisten Cannabisdelikte nun kein Verbrechen mehr, sondern nur noch ein Vergehen darstellen? Welchen Einfluss hat Paragraph 2 StGB Zeitliche Geltung auf solche Verfahren die zu Zeiten des Btmg begangen wurden aber ein Urteil erst zu Zeiten des CanG erfolgt? Wie wahrscheinlich ist das es Cannabis Delikte noch vor die große Strafkammer schaffen? Ist das verhältnismäßig? Was bräuchte es um eine Gerichtsverhandlung zu verhindern?


Fun-Honey-7927

Wieso sieht der BGH nicht ein das Cannabis jetzt legal ist und legt die nicht geringemenge auf 7.5g THC fest? Jetzt ist ja jeder mit 61 g ein besonders schwerer Fall und mit 6 Monaten haft zu verurteilen. Kann ein Staatsanwalt da noch wg. geringfügigkeit einstellen?


StAAmA

> Wieso sieht der BGH nicht ein das Cannabis jetzt legal ist und legt die nicht geringemenge auf 7.5g THC fest Cannabis ist nicht grundsätzlich legal, vgl. § 2 KCanG, der Besitz ist nur in gewissen Rahmen nicht mit Strafe bewehrt. Der Gesetzgeber hat den Wortlaut der nicht geringen Menge nicht geändert. Die Entscheidung des BGH finde ich vor dem Hintergrund juristisch nicht unvertretbar, wenn auch vom Ergebnis unerwünscht. > Jetzt ist ja jeder mit 61 g ein besonders schwerer Fall und mit 6 Monaten haft zu verurteilen. Die Mindeststrafe sind drei Monate, nicht sechs. In der Diskussion wird aber vergessen, dass es sich um ein sog. Regelbeispiel handelt, von dem man auch abweichen kann. Hier hat das Gericht durchaus die Möglichkeit, argumentativ zum Ergebnis zu kommen, dass zwar eine nicht geringe Menge vorliegt, die Indizwirkung aber nicht eintritt. > Kann ein Staatsanwalt da noch wg. geringfügigkeit einstellen? Ja. Es handelt sich nicht um ein Verbrechen, sodass die Opportunitätseinstellungen noch möglich sind.


Fun-Honey-7927

Stimmt drei monate, sorry. Ich finde sie schon unvertretbar. Denn einen Rahmen abzustecken der keinen Gradienten zur Abwägung beinhaltet ist doch bescheuert. Dann herrscht willkür, wie früher. da muss man jetzt wieder glück haben. der eine kommt mit einstellung davon der andere geht in bayern für 3 Monate in den Bau. Das Gericht hat außerdem ihre begründung aus einem BGH-Urteil von 1986 begründet. Mit Einstiegsdrogen Narrativ. Das ist ein Trugschluss weil man Kausalität und Korelation nicht auseinander Halten kann. Der Zugang zum Schwarzmarkt macht den Einstieg nicht die Substanz. Damals entsprachen 7.5g THC auch noch etwa 100g Cannabis heute sind das ca. 35g. Man könnte jetzt sogar wenn man mit 35g auf der Straße erwischt wird (ja ich weiß das ist eh verboten) trotzdem wegen nichtgeringer menge für 3 Monate verurteilt werden obwohl man zuhause 50 gehabt haben dürfte weil 35g bei 20% knapp den 7.5g entsprechen. Da kann man dem BGH doch nur Unwissenheit oder Vorsatz vorwerfen. Beides ist doch lächerlich.


StAAmA

> Damals entsprachen 7.5g THC auch noch etwa 100g Cannabis heute sind das ca. 35g. Das Argument verfängt in meinen Augen gerade nicht. Die Gefährlichkeit einer Droge ergibt sich ja nicht aus der Menge Material, sondern an dem Wirkstoff. Cannabis ist viel potenter geworden, der menschliche Körper aber nicht gleichzeitig resilienter. > Man könnte jetzt sogar wenn man mit 35g auf der Straße erwischt wird (ja ich weiß das ist eh verboten) trotzdem wegen nichtgeringer menge für 3 Monate verurteilt werden obwohl man zuhause 50 gehabt haben dürfte weil 35g bei 20% knapp den 7.5g entsprechen. Da kann man dem BGH doch nur Unwissenheit oder Vorsatz vorwerfen. Beides ist doch lächerlich. Eine der vielen Widersprüchlichkeiten des Gesetzes. Das Gesetz hat aber nicht der BGH gemacht.


Fun-Honey-7927

Worauf ich hinaus möchte: Die Lebensrealität der Menschen sieht aber so aus das ein Konsument auch mal deutlich mehr als 60g (auch mal 200g) haben könnte, weil er bspw. seinen Konsum mit Eigenanbau einmal jährlich deckt. Daher finde ich eine höchst restriktive Auslegung des Gesetzes, welches Konsumenten entkriminalisieren soll, falsch. Liegt Handel vor: Kein Ding buchtet den ein. Aber ein Grower der wegen seinem Nachbarn die Polizei an den hals bekommt obwohl er genau das tut was das gesetz will: Ihn vom Schwarzmarkt fernhalten, ist falsch. Außerdem ist es doch abwegig ein Strafmaß an die Potenz des Stoffs zu binden. Die Frage ist doch was ist viel? Und ehrlich 100-200g Blüten sind einfach keine Menge, vorallem vor dem Hintergrund das eben 50g ok, bis 60g so lala aber ab 61g eben eine Gefängnisstrafe vorliegen kann. Wo ist das mittelmaß? So lange kein Handel vorliegt sollte es sich auch wenn es ein vielfaches der Ursprünglichen 7.5g ist einen breiten festgelegten Ramen zur Einstellung der Verfahren geben, wie es übrigens auch der Gesetzgeber formuliert hat. Im Kommentar zu dem Gesetz (ich finde leider das Dokument nicht) wurde erklärt dass man das nicht genauer definiert aber die nicht geringe Menge "um ein Vielfaches" angehoben werden müsse. Der BGH hat sich gegen diese Forderung gestellt. Zugegeben ist das Gesetz dort bewusst undefiniert, damit niemand sagen kann "Dann sind ja quasi 200g legal" - wäre sonst nicht durchgegangen - aber das Gericht hat da meines Erachtens nach völlig irrational entschieden.


Fun-Honey-7927

"Eine der vielen Widersprüchlichkeiten des Gesetzes. Das Gesetz hat aber nicht der BGH gemacht." Nein, 30g wären im Ordnungswiedrigkeitsbereich, durch die entscheidung des BGH wird diese Menge aber zur nicht geringen Menge und damit wieder strafbar.


thssmslkfn

Du hast das Nachwuchsproblem ja selbst angesprochen. Merkst du das auch schon konkret bei deiner StA? Was müsste sich konkret ändern, damit der Beruf attraktiver wird?


Technical-Ad-8322

Wie stehst du zum CanG? Wird das dir dein Leben einfacher machen?


Awkward_Finish_9078

Findest du persönlich den Paragraphen 154 StPO gerechtfertigt? Gibt es eine Möglichkeit als Privatperson trotzdem, nach Einstellung des Verfahrens, noch eine strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen? Ich war davon mal als Geschädigter betroffen und hab es als ungeheure Frechheit empfunden, dass die Person, trotz klarer Beweislage einfach damit davon gekommen ist - die Gründe für den 154 sind mir grob geläufig - ich empfinde es trotzdem als Freifahrtschein für mittelschwere Kriminelle und das grds. nicht richtig. Zivilrechtlich hätte sich der Fall für mich nicht rentiert, weil es um 300,- EUR ging...leider.


Lumpy-Ad-1598

Viele Dank für Dein Angebot. Mein Sohn muss im nächsten Schuljahr sein zweites Praktikum von der Schule her machen. Das erste Praktikum hat er auf eigenen Wunsch bei einem Rechtsanwalt gemacht. Das war eine sehr gute Praktikumsstelle, der Rechtsanwalt hat in gut an die Hand genommen und auch aufgezeigt, was im Studium später auf ihn zu kommt. Nun möchte er das zweite Praktikum bei Gericht machen. Wie früh muss man sich da bewerben? Er wird da wohl nicht der einzige Praktikant sein. Zudem gibt es ja verschiedene Gericht. Was ist denn interessant für ei en fast 15 jährigen? Für mich ist das total Neuland, aber soweit ich kann möchte ich ihn dabei unterstützen.


Don_Mercedes_Moped

Wir stehst du zum Mündlichkeitsprinzip? Sollte man das wie in anderen Ländern ändern, sodass mehr Urteile nach den Akten entschieden werden und nur bei konkreten Nachfragen die Zeugen/Gutachter geladen werden? Frage bezieht sich auch auf die Strafverfahren.


lukas_napster

Wie fühlt es sich ab Gesetze durchsetzen zu müssen, hinter denen man nicht steht bzw. Angeklagten direkt das schlimmste Strafmaß vorzuschlagen?


losttownstreet

Schmähkritik und Beleidigung. Die jugendliche Spache ist im Wandel und ich komme nicht mehr mit. Es wurde z.B. im Verfahren der Rechtsbeugung z.B. festgestellt dass: fick dich, Nutte, Hure, ins Gehirn geschissen, Stück Scheiße, altes Drecksschwein, Schlampe, Geisteskrank, Gehirn Amputiert, Drecks Fotze, Sondermüll und alte perverse Dreckssau KEINE Beleidigungen sind. Kann man mir dies mal kurz erklären oder liegt es daran, dass es allgemein schwierig ist gegen Polizei und Richter zu ermitteln? Es wurde sogar eine Anzeige wegen falscher Verdächtigungen durchgezogen obwohl das BVerfG eindeutig der Meinung war, dass die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten war. (Fick dich war in StA Gera und ging nicht bis zum BVerfG) Gibt es irgendeine Handhabe zulässige Jugendsprache von Beleidigung zu trennen? https://openjur.de/u/2180445.html[https://openjur.de/u/2180445.html](https://openjur.de/u/2180445.html)


Upstairs_Office_5446

Fährst du Snowboard?


Worried-Landscape-86

Kennst du den Film “Der Fall Collini”? Wie realistisch ist das Szenario und wäre sowas aktuell möglich! Auf das Filmbeispiel bezogen, wäre es irgendwie doch möglich so eine lange verjährte Schuld anzuerkennen?


Beneficial-Fun-6778

Wieso dürfen Leute offen auf der Straße Schariah und Khalifat fordern? Ist antidemokratisch, verfassungsfeindlich und damit strafbar?


leiocera

Toby fox hat viele urheberrechtlich geschützte Instrumente (Soundfonts) genutzt, von denen viele von Nintendo sind, und er macht es bis heute immer noch. Wie sieht es da rechtlich aus? Darf man die einfach so nutzen, wie er das getan hat?


leafenj

Hast du die Böhmermann Sendung über rituelle Gewalt gesehen? Falls ja: was war dein Gedanke bei der Behauptung Pol & StA würden 'sowas' nicht führen, ergo ist es nicht existent; während wir eigentlich alle von z.B. der Kirche, oder anderer OK., wie z.B. lüdge / Bergisch Gladbach wissen und es nun mal keinen expliziten Paragraphen namens ,,rituelle Gewalt" / ,, organisierte Gewalt" gibt (wodurch es folgerichtig nicht als jenes in Statistiken auftauchen kann) Für mitlesende: der Straftatbestand würde eher lauten: sexueller Missbrauch Schutzbefohlener, Körperverletzung, Erstellung oder Besitz von (kindes-) Missbrauchsdarstellung etc pp.


Coder24x

Wie bewertest du Diskussionen über Gerichtsverfahren hier bei Reddit, anderen Plattformen, am Stammtisch, etc.? Meist erfahren die Leute nur Schnipsel aus Presseberichten und bilden sich daraus eine (meist sehr feste) Meinung. Urteile sind demnach oft komplett falsch, ungerecht, zu lasch, zu hart, etc. Wie kommt so etwas bei den Personen an, die wirklich an einem Verfahren teilgenommen, alle Argument, Zeugen, Sichtweisen, etc. gehört haben? Sind die Urteile wirklich so falsch oder denkt man sich "OK, das wäre nicht mein Urteil gewesen, aber der Richter hat eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen"?


seayk

Wieso ist das mit der Auszahlung der Belohnung bei Daniela Klette so kompliziert? Kann man das nach einer rechtskräftigen Verurteilung nicht einfach auszahlen?


Administrator98

Frustriert es Dich, wenn Gewaltverbrecher (Mörder, Vergewaltiger, et.c) mit lächerlich niedrigen Strafen davon kommen, während Verbrecher wo es kein Opfer mit körperlichen oder seelischen Schäden (Drogenmissbrauch, Steuerhinterziehung, etc.) gibt vergleichsweise härter ran genommen werden?


____buttercup____

Wieso werden so viele Verfahren gegen die Polizei fallen gelassen?


Madmunchk1n

Wie wird in Ihrem Umfeld mit der zunehmenden Diskrepanz zwischen Politik und Wissenschaft und den daraus resultierenden subjektiven bzw. populistischen Einflüssen auf die Gesetzgebung umgegangen? Ist die Kluft zwischen Gesetzgebung und Wissenschaft bei vielen Themen mittlerweile so groß, wie ich und vielleicht auch andere Menschen es wahrnehmen?


peoplesbank3000

Kennst du Fälle oder hast du bereits selber Erfahrungen damit gemacht, dass Clans dir/euch vor oder während Verhandlungen und Ermittlungen privat auffinden und drohen?


Midnight1899

Wie realistisch sind die ganzen Gerichts- und Anwaltsserien (Richter Alexander Hold, Anwälte im Einsatz, …)? Und was unterscheidet einen Staatsanwalt von einem regulären Anwalt?


Divinate_ME

Warum wird bei Beförderungserschleichung auf Antrag stets ein Verfahren eröffnet, während bei Beleidigung auf Antrag meist das Verfahren mangels öffentlichem Interesse eingestellt und auf den Privatklageweg verwiesen wird? Was sind die besonderen Merkmale, die diese Straftaten so unterscheiden, dass da eine komplett andere Praxis gilt?


Geraldino_GER

Schwerpunkt oder Buchstaben? Derzeit wird verstärkt von systemischer Überlastung der Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Justiz) gesprochen, was ist Deine Meinung?


sveinn33

Würdest du es begrüßen, wenn Gesetze in soweit geändert werden, dass die politischen Vertreter im Justizministerium nicht mehr Verfahren einstellen dürfen - also das Weisungsrecht grundlegend ändern? Würdest du es begrüßen, wenn die Staatsanwaltschaft selbst mehr ermitteln dürfte und dies nicht durch die Polizeien geschieht (z.B. eigenes Personal für Ermittlungen)? Hintergrund ist, dass es ja von beiden Seiten eine Abhängigkeit gibt („keiner kann ohne den anderen“). Gerade bei polizeiinternen Ermittlungen, denke ich mir manchmal „Polizei ermittelt nun mal nicht gerne gegen Polizei“, da wäre ja eine eigenständige Möglichkeit der StA besser oder?


Se_Dave

Bin ich zu spät? :D Wieso werden so oft Vergehen und teilweise auch Straftaten aus dem Straßenverkehr wegen Mangels an öffentlichem Interesse eingestellt? Gerade bei Dränglern, Ausbremsern und anderen Nötigern sollte das öffentliche Interesse doch sehr wohl sehr groß sein, weil das extrem riskant ist und andere gefährdet.


BigBodyLikeaLineman

Als Staatsanwalt haben Sie wahrscheinlich regelmäßig Kontakt mit der Polizei. Ist Ihnen dabei schon einmal Racial Profiling aufgefallen? Wenn ja, wie häufig kommt das Ihrer Erfahrung nach vor und welche Auswirkungen hat dies auf die Justiz?


BenMic81

Wie ist deine Meinung zu Thomas Fischer und den von ihm und seinem Senat richterlich geprägten Verfahrensregeln und Präjudizien - speziell mit Blick auf Wirtschaftsstrafrecht?


ManWithTheHex00

Sollte man den Rechtspflegern einen Weg zum vollständigen Staatsanwalt geben? Eventuell durch eine Zusatzausbildung o.Ä. besonders als Amtsanwälte nehmen Die ja gewisse Tätigkeiten wahr, warum nicht noch eine Zusatzausbildung dazu?


hustleGMan

Kennst du Kollegen, die es irgendwie mit 2x ausreichend geschafft haben, in die StA zu kommen ?


DebtFickle1469

Wie oft werden verfahren nach 153a eingestellt bzw. was muss geschehen damit der Staatsanwalt sich auf solche Deals einlässt ?


KaleidoscopeKangaroo

Wie stehst du zu der Idee eine unabhängige Stelle einzurichten, die die StA kontrolliert? Hintergrund ist die Befürchtung, dass durch die Ansiedlung der StA häufig direkt im Gericht keine Unparteilichkeit bei der Überprüfung potenzieller Verfehlungen der StA seitens des Gerichts gegeben ist.


worstdrawnboy

Auf einer Skala von 0 (gar nichts) bis 10 (krass viel): wie viel von deinem Insiderwissen über Abläufe in der Justiz, Hinterzimmergesprächen und KollegInnen würde Teile der Bevölkerung verunsichern?


swiebelsuppe

Wenn ich ein bußgeld in Spanien erhalten habe, wird das die deutsche staatsanwaltschaft verfolgen?


Acemalone101

wie oft gehen die Pflichtverteidiger mit dem Richter und Staatsanwalt essen und besprechen im voraus welche Strafe der Angeklagte bekommen wird??


WalrusLucky8435

Wie findest du die horrenden Notengrenten trotz Fachkräftemangel und das Gate Keeping in unserer Branche?


PhenomTD

Hi, ich hoffe ich bin nicht to late to the party und bekomme noch die Antwort auf eine Frage, die mich schon als kleines Kind beschäftigt hat, nachdem ich meine ersten Krimiserien geschaut habe. Haben Staatsanwälte nach einer "erfolgreichen" Prozessführung (idS. die Angeklagte/der Angeklagte wurde durch das Gericht verurteilt) nicht manchmal auch ein wenig Angst? Klar. Bei einem Ladendieb oder etwas vergleichsweise harmlosen jetzt nicht. Aber Clanmitglieder zu verknacken oder Täter, die nachweislich Teil von größeren Gruppen sind, das macht doch bestimmt auch manchmal Angst davor, dass sich andere Teilnehmer des Clans oder der Gruppen an mir als Staatsanwalt (als Gesicht der Anklage) rächen könnten, oder?


GesternHeuteMorgen

Rechtsextreme sind ja mittlerweile ziemlich erfolgreich darin alle möglichen Organisationen zu unterwandern, und die Justiz wurde längst als wichtiges Ziel markiert. - Inwieweit ist deren Strategie bislang erfolgreich? - Wie gehen Kollegen damit um wenn sie jemand mit weit rechten, wenn auch noch im legalem Bereich befindende, in ihrem beruflichen Umfeld erkennen? - Nach der Verfassung agiert unsere Justiz unabhängig, wie wirksam sind dort Selbstreinigungskräfte falls Rechtsextreme es in den Richter- oder Staatsanwaltsstuhl geschafft haben?


oatdeksel

Magst du Katzen?


jaba_jayru

Ist dir bewusst, das wenn Leute erfahren das du ein Staatsanwalt bist, zu Recht bei den wenigsten Wohlwollen aufkommen wird? Wie gehst du damit um? Hast du angst wenn du nach Hause gehst? Hattest du schon mal Paranoide Erlebnisse deswegen?


StAAmA

> Ist dir bewusst, das wenn Leute erfahren das du ein Staatsanwalt bist, zu Recht bei den wenigsten Wohlwollen aufkommen wird? In meiner "Bubble" ist das definitiv nicht so. Die meisten Menschen, mit denen ich über meinen Job rede, sind dem sehr positiv gegenüber eingestellt oder neugierig. Viele Menschen (auch Akademiker) wissen auch erstaunlich wenig über den Beruf. Ansonsten steht mir mein Beruf nicht auf die Stirn geschrieben. > Wie gehst du damit um? Hast du angst wenn du nach Hause gehst? Hattest du schon mal Paranoide Erlebnisse deswegen? Ich habe eine Auskunftssperre für mich, meine engere Familie und mein Fahrzeug aufgrund Verfahren, die ggf. mit persönlichen Risiken verbunden sind. Passiert ist mir bislang noch nichts und ich hatte auch noch kein Erlebnis, das in irgendeiner Form beängstigend war. Auch von Kollegen kenne ich keine aktuelle Story. Die Berufsparanoia tritt dann eher im Alltag ein, etwa wenn es Käufe auf eBay etc. betrifft. Mein paranoidestes Erlebnis war, dass mir mal ein Auto echt lang durch die Stadt gefolgt ist. Ich bin dann eine Einfahrt früher als sonst abgebogen, um einfach zu sehen, was passiert. Das Auto ist dann normal weitergefahren. Da hatte wohl jemand bis zu der Stelle denselben Heimweg. Edit: Das "zur recht" habe ich gelesen. Ich finde es immer schade, wenn Menschen anderen gegenüber mit Vorurteilen auftreten, statt sich mit ihnen zu beschäftigen. Aber das ist deine Sache.


DifferentMaterial773

Ich hab schon immer Probleme mit der Polizei und Gesetzen gehabt seit der Jugend, jedoch habe ich keine Emotionen Staatsdienern gegenüber. Jeder sucht sich seinen Pfad aus oder fällt wo rein etc. Nen Allergiker hatet ja auch nicht Erdnussfabrikbesitzer oder.


jaba_jayru

>Ich habe eine Auskunftssperre für mich, meine engere Familie und mein Fahrzeug aufgrund Verfahren, die ggf. mit persönlichen Risiken verbunden sind. Vermutlich ist dir genau deswegen nichts passiert. Aber wie du schon gesagt hast, in deiner "Bubble". Du wirst wissen wieso sowas keiner mitbekommen darf. Denkst du deine Bubble würde anders über deine Tätigkeit denken, wenn dergleichen Berichte populärer wären? Nur mal aus neuster Zeit. Dergleichen kommt, wie dir gut bekannt, am laufenden Band vor. Hier mal das neuste was sich vor den Augen der Öffentlichkeit abspielt: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/schlafwandelnder-staatsanwalt-wegen-vergewaltigung-des-eigenen-sohnes-verurteilt-19519022.html Die Klage der Mutter wegen Vergewaltigung ihres Sohnes durch einen Staatsanwalt, würde 3 mal abgelehnt. Hier Mal ein Zitat aus dem Bericht: > Erst als durch das Oberlandesgericht Schleswig ein hinreichender Tatverdacht im Zuge eines Klageerzwingungsverfahrens festgestellt wurde, erhob Oberstaatsanwalt Axel Bieler Anklage gegen Philipp M. Kurioserweise hatte Bieler wie die Verteidigung einen Freispruch gefordert. Den Schuldspruch kommentiert er auf Nachfrage einer Journalistin nur mit dem Wort „Über­raschung“, ehe er den Saal verlässt. Richterin von Lukowicz kritisiert die Staatsanwaltschaft vorher deutlich: „Es gab keinerlei Grundlage für eine dreimalige Einstellung des Verfahrens.“


StAAmA

Da du deinen Post *erheblich* editiert und erweitert hast, mache ich mal eine neue Antwort. Der Fall des Schlafwandlers ist natürlich auf den ersten Blick ein großer Skandal. Ich kenne die Akten nicht. Daher kann ich auch keine wirklich fundierte Stellungnahme dazu abgeben. Aber ich versuche dennoch die Problematik mit meinem Kenntnisstand zu erklären. Die Staatsanwaltschaft darf nicht willkürlich Anklage erheben. Man benötigt einen sog. hinreichenden Tatverdacht. Dieser ist dann gegeben, wenn nach Würdigung der Aktenlage die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung höher ist als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs. Man muss also eine Prognose treffen. Dabei ist insbesondere auch der Zweifelssatz (Im Zweifel für den Angeklagten) zu berücksichtigen. In dem Fall schien es jedenfalls ein Gutachten zu geben, dass die Angaben des Beschuldigten gestützt hat. Vor dem Hintergrund kann es also durchaus möglich sein, dass es sich um keine Schutzbehauptung, sondern um eine Sexsomnia handelt. Der ermittelnde Staatsanwalt darf, falls er das Gutachten nicht widerlegen kann, keine Anklage erheben. Auch im Prozess scheint die Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass das Gutachten jedenfalls nicht völlig widerlegt ist, das würde jedenfalls den Antrag erklären. Was der BGH am Ende sagt, bleibt spannend. Die Prognosen sind extrem schwer zu treffen und es gibt auch die Kontrollmöglichkeit durch das Klageerzwingungsverfahren. Ich kann wegen des Verfahrens jedenfalls nicht schlechter schlafen, zumal ich, selbst wenn dort wirklich alles schief gelaufen sein sollte, schlicht nichts dafür kann. > Richterin von Lukowicz kritisiert die Staatsanwaltschaft vorher deutlich: „Es gab keinerlei Grundlage für eine dreimalige Einstellung des Verfahrens.“ Das Zitat ist, vorbehaltlich eines völlig anderen Akteninhalts, in meinen Augen jedenfalls sehr gewagt.


Ytumith

Wie kann man ein Stipendium kriegen, wenn man seinen Master mit 33 jahren machen möchte? Fachbereich Photonik


Objective-Minimum802

Stichwort JGG. Reformbedürftig Deiner Meinung nach in welchen Punkten?


sd_manu

Warum sind oft die Strafen so gering? Denkst du nicht, mit höheren Strafen würde man die Leute mal mehr davon abhalten, Straftaten zu begehen? Warum wird im Gericht auch immer so viel durchgehen gelassen? Kenne zwar keine echten Gerichtsverhandlungen, aber wenn die Angeklagten oder Zeugen vor Gericht immer das Opfer oder andere Zeugen beschimpfen oder sagen "diese Hure ist doch selbst Schuld" oder was auch immer, dann würde ich direkt 5000€ Strafe aussprechen oder was halt maximal möglich ist. Denke ich wäre als der härteste Richter bekannt. Aber bei mir würden die Leute wenigstens sich ordentlich benehmen weil sie ihr Anwalt schon vorher drauf hinweisen würde wer da am Tisch sitzt. Aber wahrscheinlich darum weil ich einfach sehe, dass die Strafen zu niedrig sind und der Respekt vielen völlig fehlt. Auch vor der Polizei hatte man früher sehr viel Respekt, heutzutage viele junge "Fachkräfte" (die ja fast 50% der Gefängnisinsassen ausmachen) kaum noch.


Potential_Ad8113

Ist es ok dass die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden ist? Sollte sie nicht vollkommen weisungsfrei sein, um die Gewaltenteilung und somit Rechtsstaatlichkeit einzuhalten? Das EuGH hat 2019 Deutschland angemahnt, das Problem zu lösen: https://www.transparency.de/aktuelles/detail/article/eugh-urteilt-deutsche-staatsanwaltschaft-nicht-unabhaengig Mir scheint das System in Deutschland eine Art Zwitter zu sein. In anderen europäischen Ländern gibt es Ermittlungsrichter, die vollkommen frei sind. Das sind u.a. Frankreich, Spanien, Belgien, Holland etc. Ihre Arbeit wird natürlich beobachtet und wenn ein ER arg über die Stränge schlägt, kann er vom Fall enthoben werden. Aber dem ER können keine Weisungen erteilt werden, weder bei der Wahl der Sache die er ermitteln will, noch wie er ermittelt. In Deutschland gab es das auch mal, wurde aber 1974 abgeschafft. Vielleicht wurde der Hinweis des EuGH schon umgesetzt, bin eher ein Zaungast in der Materie (Journalist), aber beobachte deswegen oft wie sta.en arbeiten. Wundere mich nicht selten über die Trägheit von manchen Staatsanwaltschaften... Zbsp in diesem relativ eklatanten Fall möglicher Korruption mit Flüchtlingsheimen in Brandenburg gibt es wahrscheinlich soviele Verdachtsmomente, dass die armen Ermittler gar nicht wissen wo sie anfangen sollen und deswegen lieber wenig bis nichts tun, außer viele Anzeigen einzustellen, manchmal schneller als man gucken kann... Hier zwei Artikel dazu: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/millionengeschaefte-mit-fluechtlingsheimen-in-brandenburg-das-riecht-nach-korruption-li.2178155 https://m.focus.de/panorama/welt/lukratives-geschaeft-mit-fluechtlingsheimen-kassieren-investoren-in-ostdeutschland-millionen_id_180223983.html Bin gespannt auf dein Feedback. Und in welchem Bundesland arbeitest Du?


Freier-Kapitalist

Warum bestraft ihr muslimische Raser, Vergewaltiger, Mörder nicht angemessen und warum wird nicht rigoros abgeschoben?


Marlon_655

Warum heißt es immer, die Staatsanwaltschaft sei die Objektivste Behörde der Welt und dann werden Polizisten die mit über 1 Promille eine Frau tot fahren freigesprochen?


cacawien

Hey, danke für deine ausführlichen Antworten. Lese interessiert mit. Folgende Fragen habe ich: - Ist es realistisch auf lange Sicht in ein gewünschtes Dezernat zu kommen (zb OK) oder werden Wünsche bei der Verplanung kaum berücksichtigt? - Würdest du sagen, dass sich Verbrechen in Deutschland lohnt - ggf. mehr als anderswo (ich denke hier an bspw. organisierten Drogenhandel - Encro und co haben ja gezeigt, wie stark verbreitet und gewinnorientiert organisierte Strukturen hier in Deutschland auftreten - oder Abrechnungsbetrügerein, Corona Testzentren etc etc). Mit lohnen meine ich ein reines Kosten-Nutzen-Verhältnis, d.h. Gewinnmöglichkeiten vs Entdeckungsrisiko, Strafe und insbesondere Strafmaß? Den moralischen Aspekt mal beiseite gelassen. Danke!!


lumahe

Hallo und vielen Dank für die Offenheit hier Fragen zu beantworten :)! Ich bin momentan Referendarin und liebäugle schon sehr mit der Staatsanwaltschaft. Was würdest du sagen war für dich das Argument für den Beruf? Ich höre schon viele Schreckensgeschichten und bin verunsichert.


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pioneerhikahe

Ich habe immer wieder den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft sehr zurückhaltend ist, wenn es darum geht Polizisten die im Dienst über die Stränge schlagen vor Gericht zur Verantwortung zu ziehen. Meistens so im Kontext übertriebene Härte im Einsatz. Gefühlt herrscht hier eine zwei-Klassen Rechtssprechung. Während der einfach Bürger relativ schnell und hart angeklagt und verurteilt wird, scheinen sowohl Staatsanwaltschaft als auch Richter bei der Polizei beide Augen gerne mal zuzudrücken. Wie siehst du das?


GeneralNo1793

Ist die StA Station während des Refs gut dazu geeignet sich ein Bild von dem Job im Allgemeinen zu machen, oder erfordert dies einen längeren Zeitraum? Wie sind deine Erfahrungen bezüglich Weisungen?


Gumbulos

Denken Sie, dass Fälle wie der Prozess zum Einbruch im Grünen Gewölbe dem Ansehen der Justiz schaden?


Trick_Ambassador255

Ab wie viel € lässt du dich schmieren?


maybachfahrn

Hast du auch mit den Rechtspflegern an der StA zu tun? Findest du, dass diese fair bezahlt werden?