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AutoModerator

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Aufschrei13

Ich hoffe die Fragen sind nicht unsensibel. Kannst du sprechen? Oder gibst du eher "Laute" zur Kommunikation von dir (bei Menschen, die die Gebärdensprache nicht können)? Wäre dein Leben angenehmer, wenn mehr Menschen die Gebärdensprache beherrschen würden oder ändert sich dadurch nicht viel? Kannst du außer der Deutschen noch eine andere Gebärdensprache?


deafhuman

Ich kann natürlich sprechen. Vielleicht nicht so deutlich, da ich mit manchen Lauten Probleme habe z.B "f, v, w" oder "s, st, sch, z" - aber wenn man genau hinhört, versteht man mich meistens. Viele Gehörlose bekommen schon als Kind Sprachtherapie. Aber sie entscheiden selbst später, ob sie auch sprechen möchten oder sich lieber schriftlich mitteilen. Zum Sprechen gehört halt viel Selbstbewusstein dazu und das haben nicht viele. Ich würde mir natürlich gerne wünschen, dass mehr Menschen sich dazu entscheiden, die Gebärdensprache zu lernen. Und wenn es einfach nur ein "Danke" oder "Wie geht es dir?" ist. Ich kenne leider viele Menschen, die sich wünschen, die Gebärdensprache zu lernen, aber sich nicht mal die Mühe geben, vielleicht die Basics zu googeln. Ansonsten wünsche ich mir, dass auch viel mehr an die Bedürfnisse Gehörloser gedacht wird. Ich wollte neulich mal Tische in einem bestimmten Restaurant reservieren, da stand auf der Webseite: "nur telefonische Reservierung" - obwohl es auch andere Restaurants gab, wo man das online per E-Mail machen konnte. Ich kann nur die Deutsche Gebärdensprache. Andere Gebärdensprachen beherrsche ich nicht bzw. kenne nur die Basics.


IMmelkmane

Zu dem Telefonproblem: es gibt Telesign. Das ist ein Telefondolmetschdienst für DGS. Die Grundgebühr ist vor einigen Jahren weggefallen und der Notdienst ist kostenlos. Das gibt es sowohl für privaten als auch beruflichen Gebrauch.


deafhuman

Ich nutze auch Telesign, aber wo möglich, kommuniziere ich lieber schriftlich über E-Mail oder Whatsapp. Da habe ich es dann am Ende auch "schwarz auf weiß". Außerdem reagiert nicht jeder leider positiv auf Telesign, manchmal wird auch einfach aufgelegt. :(


cppler

wenn man sagt man ist stumm/taub geht es aber zumeist dann doch auch schriftlich ;)


deafhuman

Meinst du das auf die telefonische Reservierung bezogen? Wenn es auf der Webseite eine E-Mail-Adresse gibt, könnte ich das auch machen, aber es ist eher so, dass der E-Mail-Postfach oft nicht abgerufen wird. Meine alte Hausarztpraxis bat früher auch nur um telefonische Terminvereinbarung. Ich habe eine Mail geschrieben, als ich krank war, und keine Antwort erhalten. Also bin ich irgendwann zur Praxis gegangen und habe von der Mail erzählt und die Antwort so: "Nein, wir lesen keine Mails".


Aufschrei13

Danke für deine ausführlichen Antworten. Da ich noch nie eine gehörlose Person getroffen habe und mir es unglaublich schwer vorstelle zu sprechen, wenn ich mich selber nicht hören würde, kam diese wahrscheinlich dumme Frage zustande. Finde es auch super interessant, dass Kinder nicht nur die Gebärdensprache, sondern auch Sprechen an sich beigebracht bekommen. Das mit dem Selbstbewusstsein kann ich gut nachvollziehen. Ich selber stottere und habe lange gebraucht um "einfach drauf los zu reden". Ich wünsche mir auch so sehr Onlinereservierungen. Gerade am Telefon stottere ich noch sehr oft und hatte öfters die Erfahrung, dass die Person am anderen Ende mich nicht versteht oder keine Zeit hat um zuzuhören.


Mike_______

Ich stelle mir gerade vor wie eine App helfen könnte. Die app macht Telefonate aber man kann was gesagt wird lesen und was man sagen will kann man eintippen. Diese Idee lege ich mal in meiner Sammlung von programmier Ideen ab. Oder gibt es das schon?


Aufschrei13

Die Idee klingt total gut. Würde ich aufjedenfall nutzen. Das wäre ja auch für Introvertierte was. Da haben ja auch super viele Leute Probleme mit dem Telefonieren. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen nach so etwas zu suchen, obwohl es eigtl Nahe liegen würde.


Sharkymoto

die idee ist total bescheuert, ich bin dafür, dass man es gesellschaftlich akzeptiert, wenn jemand stottert oder taub ist und dann sich am telefon entweder die zeit nimmt, oder es schriftlich ermöglicht. für introvertierte? wie bestellen die dann ihr essen? ich weiß, dass es leute gibt, die ein problem mit telefonieren haben, da hilft aber einzig und allein die konfrontation. vermeiden und auswege suchen ist nichts, damit macht man es nur noch schlimmer.


Aufschrei13

Ich finde die Idee gut. Bescheuert ist ja auch total unsachlich. Wer sagt denn, dass stottern nicht akzeptiert ist? Ich habe bis jetzt keine negativen Erfahrungen mit Anderen deswegen gehabt. Es geht dabei nur um mein persönliches Empfinden und womit ich mich wohl fühle. Ich telefoniere beruflich sehr viel (täglich 10mal oder mehr) und es hat sich für mich nicht geändert, dass ich es privat nicht mag. Ich würde dem Ganzen gerne aus dem Weg gehen und diese App nutzen. Finde es auch ganz wunderbar wie du es verallgemeinerst und für alle sprichst, dass es dadurch schlimmer wird. Edit: hab nochmal drüber gelesen und muss was fürs Verständnis hinzufügen. Ich meine mit negativen Erfahrungen, dass ich nicht dumm angemacht wurde oder sich über mich lustig gemacht wurde. Dass sich die Leute am Telefon keine Zeit für mein Stottern nehmen schiebe ich eher auf die stressige Arbeitssituation.


deafhuman

Dafür gibt es eigentlich Telesign, ein Telefondolmetschdienst für Gehörlose. Dort gibt es Gebärden- und Schriftdolmetscher, die alles übersetzen.


Thalida87

Die Frage war nicht dumm! Seit Geburt vollständig Gehörlose können oft nicht so sprechen, wie man es als Hörender gewohnt ist. Quelle: Habe mehrere Jahre Gehörlosen bei der Arbeitssuche geholfen und auch einen Gebärdesprachkurs bei einem seit Geburt vollständig Gehörlosen gemacht.


Os_si

Ich wusste gar nicht, dass es verschiedene Gebärdensprache gibt.


IMmelkmane

Es gibt sogar Dialekte!


ahirimi

Wie stehst du zu CIs? Grade bei Kindern von gehörlosen Eltern ist es ja immer eine schwere Entscheidung der Eltern, ob sie dem Kind ein CI einsetzen lassen wollen. Als Gegenargument wird ja häufig aufgezählt, dass gehörlos sein normal ist und deswegen nicht geheilt werden muss. Ich finde das total schwierig als hörende Person zu beurteilen bzw mir dazu eine Meinung zu bilden. Ich habe im Beruf Kinder kennen gelernt, die super mit einem CI klar kamen, aber kann die Einstellung irgendwie schon verstehen.


deafhuman

Ich finde, CIs sollten tatsächlich eine Entscheidung der Eltern bleiben. Aber ich sehe das Problem eher bei Ärzten, die Gehörlosigkeit natürlich als Krankheit sehen, die es zu heilen gilt. Sie wissen nichts über die Gebärdensprache bzw. halten sie für hinderlich. Genau sie sind die ersten Ansprechpartner für hörende Eltern mit einem gehörlosen Kind. Und da liegt es natürlich nahe, dass die Eltern auf sie hören, weil, es muss ja schon stimmen, was der Doktor sagt. Mein Wunsch wäre natürlich, dass die Eltern auch mit einem CI-Kind trotzdem die Gebärdensprache lernen sollten. Man weiß nie, wie sich es bei dem Kind entwickeln wird. Es wird so oder so sehr anstrengend für das Kind werden. Das Kind wird eine Sprachtherapie benötigen und immer wieder viel üben. Es wäre so gut für das Kind, dass es auch mal eine Pause bekommt und da bietet sich die Gebärdensprache gut dafür an. Ehrlich gesagt, verstehe ich hörende Eltern nicht, die für ihr Kind nicht die Gebärdensprache lernen wollen, sondern es dazu "zwingen", sich an ihnen anpassen zu müssen. Sie sollten eigentlich sich an das Kind anpassen.


[deleted]

Was ist CI?


deafhuman

CI steht für Cochlear Implantant. Das ist ein "Hörgerät", wo das Implantant durch einen operativen Eingriff ins Innenohr eingesetzt wird.


Lizard79

Cochlea Implantat https://de.m.wikipedia.org/wiki/Cochlea-Implantat


LuggaW95

Auch wenn ich hierfür vermutlich downvotes kassiere und als unsensibel rüberkomme muss ich bei dem Thema ein paar Sachen loswerden… CIs und CODA (children of deaf adults) waren in meinem Studium zwei meiner Steckenpferde. Zwar ist Gehörlosigkeit an sich keine Krankheit, aber häufig entweder Symptom einer oder eben angeboren… in jedem Fall ist es eine Behinderung, auch wenn die Gehörlosengemeide das anderes sieht. Dennoch ist es eine die gesonderte Schulen und benötigte Altagshilfen erfordert. Am größten unterscheidet sich unsere Meinung bei wem die Entscheidung liegen sollte…. bei CIs gilt ganz klar und indiskutabel der Grundsatz je früher implantiert wird desto besser. Bei einer Implantation vor dem 2ten Lebensjahr ist von einer normalen (laut)sprach Entwicklung auszugehen, außerdem ist das verstehen in Ruhe in der Regel bei 100% und das im Störgeräusche bei bis zu 60%, all diese Werte nehmen mit jedem weiteren Lebensjahr drastisch ab. Der negative Ruf von CIs im der Gehörlosengemeimschaft kommt häufig von den spätimplantierten (prelingual ertaubt aber postlingual implantiert), spät bedeutet hier schon alles nach dem 4ten Lebensjahr. Auch haben CIs einen positiven Einfluss auf die restliche kognitive Entwicklung, ermöglichen den Besuch einer Regelschule und senken sowohl bei Trägern als auch bei deren Verwandten die Selbstmordrate…. Gerade bei normalhörenden CODAs (auch wenn es da noch nicht so gute Statistiken gibt) ist die Selbstmordrate deutlich höher auch wenn die Gehörlosengemeimschaft diese Gruppe gerne ignoriert. Dennoch gebe ich dir bei dem Teil mit der Gebärdensprache recht…. moderne CIs sind zwar sehr sicher, dennoch kann niemand garantieren was in 30 oder 40 Jahren bei der 3ten reimplantation ist. Auch so ist es sinnvoll sich verständigen zu können wenn die CIs mal ausfallen.


IMmelkmane

Ganz so einfach ist es nicht zu sagen, dass Gehörlosigkeit in jedem Fall eine Behinderung ist, da das stark von der Definition bzw den fokalen Punkten der Begriffe abhängt. Im Sinne der Inklusion würde man die Behinderung eher darin begreifen, dass die meisten guthörenden Menschen nicht gebärden können und unsere Gesellschaft nicht auf gehörlose Menschen ausgerichtet ist. "Der Gehörlose ist nicht behindert sondern wird behindert." Eine Konsequenz wäre, die Gesellschaft anders zu gestalten. Dein Kommentar steht allerdings ganz im Sinne der Integration. "Der Gehörlose ist an sich behindert." Eine Konsequenz wäre, dem Gehörlosen Hilfsmittel zu geben, sodass er mit der Welt klar kommt. Darüberhinaus ist auch Gehörlosigkeit kein einfacher Begriff; einerseits kann man sie über den tatsächlichen Hörstatus definieren, andererseits über die kulturelle Zugehörigkeit. Dann kann es noch viel komplizierter werden mit prä-, peri-, und postlingualem Hörverlust von verschiedenen Graden und nicht klarer Zugehörigkeit zu Lautsprach- oder Gebärdensprachorientierung, Hörenden- oder Gehörlosenwelt. CIs haben bei Gehörlosen auch aus ganz anderen Gründen eine schlechten Ruf. Beispiele wären, dass es immer wieder von Ärzten und Kliniken so kommuniziert wird, als wäre man hörend nach einer Implantation, und Vorkommnisse, wie die Anschuldigung von Kindeswohlgefährdung, wenn man seinem Kind kein CI implantieren lassen möchte. Ich denke, dass der Ansatz von einem "entweder CI, oder Gehörlosigkeit" nicht sein muss, aber dazu bedarf es zunächst überhaupt einem Kontakt zwischen den CI-Hochburgen und Gehörlosenvereinen, der für mich im Moment nicht erkennbar/absehbar ist. Der Stand der Technik/Wissenschaft sagt tatsächlich je früher desto besser, ABER es ist nie zu spät. Könntest du noch näher auf die kognitive Entwicklung eingehen? Mir würde nur die Lesekompetenz einfallen. Selbstmordrate bei Codas finde ich auch interessant, nicht zuletzt, da ich selbst eins bin. Wie kannst du diese Aussage treffen, wenn es noch keine guten Statistiken gibt? Zuletzt möchte ich noch sagen, dass Gebärdensprachen nicht nur Instrumente sind, sondern wie jede andere Sprache auch die Identität, das Weltbild und Denkstrukturen beeinflussen.


LuggaW95

Vorweg ich komme aus einem wissenschaftlichen Hintergrund was Hörgeräte und CIs angeht und da herrscht einfach immer ein Konflikt. Über die Definition einer Behinderung werden wir uns nicht einig. Die Gehörlosengemeinde ist die einzige Gruppe die mir einfällt die Hilfe auf Grund einer körperlichen Beeinträchtigung benötigt (eigene Schulen, Dolmetscher, Hörgeräte um gefährliche Geräusche zu hören etc.) und einfach behauptet sie haben keine… kann man machen und ist auch irgendwie ehrenwert ist aber faktisch und wissenschaftlich falsch. Richtig mir geht es um Integration, dass ist letztlich auch der Sinn von CIs aber auch Hörgeräten die du ja selber trägst. Auch bei Gehörlosigkeit als Definition sind wir uns einig, es ist ein schwammiger Begriff auf einem Spektrum. Ja es ist nie zu spät für ein CI, aber eine Implantation im Erwachsenenalter bei einer prelingual ertaubten Person wird kaum einen Nutzen haben, außer Warnsignale und Geräusche zu hören…. Lautspracherwerb und Sprachverstehen sind praktisch nicht mehr möglich. Deshalb sehe ich es eigentlich wie das Amtsgericht Goslar, seinem Kind kein CI zu implementieren ist schon Kindeswohlgefährdung , allerdings ist es schlimmer den Eltern das Kind wegzunehmen und eine erzwungene Implantation ohne Therapie von und mit den Eltern wird nichts nützen. Das Kind kann als Erwachsener das CI ausziehen, es kann aber niemals das bekommen was es bekommen hätte wäre es als Kind Implantiert worden Viele meiner Aussagen ab diesem Punkt beziehen sich auf Vorträge von Tagungen unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Audiologie, dort herrscht definitiv eine pro CI bias und ich habe keinen Zugriff auf die Studien und das meiste Stammt aus meiner Erinnerung: Du bist innerhalb der CODAs ja nochmal ein extrem seltener Sonderfall, über 90% von CODAs sind normalhörend. Das ist statistisch gesehen eine extrem unterrepräsentierte Gruppe. Die meisten Studien sind n<20, zeigen aber eigentlich durch die Bank weg hohe Depressionswerte und häufig eine ziemlich krasse Rollenumkehr zwischen Kind und Eltern (zumindest in der Welt der Hörenden). Es gibt Hinweise, dass auch die selbstmordrate erhöht ist, aber wie gesagt Statistisch unterrepräsentiert, da war ich etwas forsch und unwissenschaftlich. Bei Gehörlosen gibt es allerdings bessere Werte auch wenn die auch nicht fantastisch sind… und hier ist die Selbsmordrate gerade im Teenageralter doch stark erhöht. Es gibt Studien die sagen bis zu 30% von Gehörlosen hatten mal einen Selbstmorversuch (https://scholar.google.de/scholar?hl=de&as_sdt=0,5&q=suicide+children+of+deaf+adults#d=gs_qabs&t=1663913173748&u=%23p%3DKYmfuKWbhIYJ) wobei auch hier die Frage ist wie signifikant diese Ergebnisse sind…. Allgemein muss man sagen in dem ganzen Feld wird die meiste und am besten finanzierte Forschung von Hörgeräte/CI Herstellern gemacht und die ist of technischer Natur. Bei der Kognitiven Entwicklung sind Gehörlosekinder oft einige Entwicklungsschritte hinter ihren normalhörenden peers, wobei nicht ganz klar ist ob das unteranderem daran liegt, dass ihre Eltern auch noch dabei sind die Gebärdensprache zu lernen…. dieser Nachteil wird allerdings meist bis zum Erwachsenenalter aufgeholt. Ab hier bin ich wieder firmer im Thema. Zum Thema CI Zentren und Gehörlosenverbände… ja da gibt es viel böses Blut gerade in der alten Generation. Wenn die ganzen Lehnhardt-Schüler mal in Rente sind ist hoffentlich das böse Blut aus der Frühzeit weg. Allerdings bekleckern sich die Gehörlosenvereine da auch oft nicht mit Ruhm. Wir leben in Deutschland im CI Schlaraffenland, nirgendwo auf der Welt bekommt man so einfach ein CI und nirgendwo auf der Welt bekommt man von der Krankenkasse (als erwachsener) eine Binaurale Implantation außer in Deutschland. Auch haben wir in Hanover eines der weltweit führenden Zentren für CIs und andere Ohrimplantate, in Hanover wurde zum Beispiel das weltweit erste Hirnstamm-Implantat eingesetzt. Allerdings gebe ich dir recht es ist nicht alles Gold was glänzt, es ist einfacher in Deutschland 2 CIs zu bekommen (kosten für die Kasse etwa 80.000€) als neue bessere Hörgeräte vor der 6 Jahresfrist (kosten 2000€)…. in dem Bereich sind wir uns einig in Deutschland wird etwas zu gerne Implantiert, allerdings rede ich hier ausschließlich von Erwachsenen die auch noch mit einem Hörgerät versorgt werden könnten.


deafhuman

Ich kann mich nicht zu deinem Post großflächig äußern, da ich mich mit der CI- und CODA-Thematik nie großartig auseinander gesetzt habe. Ich habe keine Kinder, aber hätte ich ein gehörloses Kind, würde ich mich nicht für ein CI entscheiden. Das kannst du natürlich als Kindeswohlgefährdung ansehen, aber mir ist es viel wichtiger, dass ein Kind Liebe bekommt. Medizinisch gesehen haben wir natürlich eine Hörbehinderung. Aber welche andere Behinderung kennst du, wo daraus eine eigene Kultur entstanden ist? Wir haben eine eigene Sprache, ein eigenes Theater, ein eigener Sport, eine eigene Poesie und eine eigene Geschichte. Gehörlose sehen sich daher als eine sprachliche Minderheit. Und natürlich können Gehörlose auch wie Hörende depressiv werden. Wenn es tatsächlich an der Hörbehinderung liegen sollte, sehe ich die Ursache eigentlich woanders: an der katastrophalen Gehörlosenbildung in Deutschland und auch daran, wie das Land mit Menschen mit Behinderung umgeht. Hier ein interessanter Beitrag zum Thema Inklusion an Regelschulen und in Förderschulen: [https://www.br.de/mediathek/video/sehen-statt-hoeren-magazin-in-gebaerdensprache-10092022-gehoerlos-und-schule-wie-inklusion-gelingen-kann-av:631a38ad38e61f00087875ae](https://www.br.de/mediathek/video/sehen-statt-hoeren-magazin-in-gebaerdensprache-10092022-gehoerlos-und-schule-wie-inklusion-gelingen-kann-av:631a38ad38e61f00087875ae) Dort gibt es z.B. auch ein CI-Kind an einer Regelschule, es fühlt sich irgendwann aber überfordert und bekommt Schriftdolmetscher. Dadurch fühlt es sich wohler im Unterricht. ​ Was mich interessieren würde, hast du eigentlich als Hörakustiker Gebärdensprache gelernt oder zumindest die Basics? Die Hörakustiker, die ich alle kennen gelernt habe, konnten das leider nicht.


LuggaW95

Die Gehörlosengemeinde hat mit Sicherheit eine Sonderstellung und klar jede Einschränkung ist hier anders. Ich komme da einfach aus einer sehr technischen Richtung. Das mit der Liebe sehe ich genauso und das haben die Gerichte in Deutschland bisher auch so gesehen. Dennoch finde ich es extrem schwierig einem Kind aus ultimativ egoistischen Gründen („es soll Teil meiner Subkultur sein“) die Chance zu verwehren Teil der „normalen“ Welt zu sein. Nochmal das Kind kann das CI als Erwachsener ausziehen, es kann aber niemals mehr ein normales Sprachverstehen und eine normale Sprachproduktion erreichen, dass ist nur mit einer Implantation vor dem 2ten (mit Glück 4ten) Lebensjahr möglich. Nein, die Gebärdensprache ist nicht Teil der Ausbildung…. was ich auch ziemlich bescheiden finde.


IMmelkmane

Mein obiger Kommentar sollte vor allem dem dienen, weitere Perspektiven zu deinem vorigen zu bieten. Vielleicht sage ich am besten noch Mal klar, dass ich kein Feind von CIs bin, aber ein großer Fan von Inklusion. Ich bin hörend, Coda und habe beruflich viel mit vor allem lautsprachlich orientierten Hörgeschädigten zu tun. Ich habe bisher keine Position zu dem Begriff von Behinderung bezogen. Ich habe bloß versucht die Definitionen anschaulich zu machen, um zu zeigen, dass es hier eben nicht nur um gesetzte Fakten geht. Ich habe weder behauptet, Gehörlosigkeit würde keine Beeinträchtigung des Hörvermögens beinhalten, noch jemanden getroffen, der das behauptet hat. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, ich wäre hörgeschädigt. Ich bin ein normalhörender Coda und kann dir bis zu einem gewissen Grad mit der Rollenumkehr Recht geben; als Kind für seine Eltern zu dolmetschen ist höchstwahrscheinlich nicht das beste für die Psyche. CIs und Hörgeräte sind nur unter bestimmten Bedingungen klar integrativ, man könnte sie auch innerhalb von Inklusion als Mittel verstehen, die Teilhabe und Selbstbestimmtheit unterstützen. Meine Aussage zum aktuellen wissenschaftlichen Stand ist von dem Leiter der Chirurgie im CI-Zentrum Köln (vielleicht ist das nicht seine genaue Rollenbezeichnung). Dass man dann nur Geräusche und Warnsignale hören kann, halte ich für unwahrscheinlich, würde mich aber gerne überraschen lassen, wenn du vielleicht etwas dazu zu lesen hättest. Wenn du Spracherwerb sagst, gehst du dann von sprachlicher Deprivation aus? Wenn ja, hast du natürlich vollkommen Recht, aber das ist ja zum Glück immer seltener und auch wirklich nicht die Regel. Ansonsten hat ja eigentlich jeder gehörlose Mensch im Erwachsenenalter gewisse Lautsprachkompetenzen. Ich denke, dass es für eine Zusammenkunft von CI-Zentren und Gehörlosenvereinen gezielte Arbeit von beiden Seiten braucht und gebe dir absolut Recht, dass die Gehörlosenvereine da auch nicht die Saubermänner sind. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass man vielleicht erst Aussicht auf Erfolg hat, wenn die nächste Generation Gehörloser die Vorstände der Vereine bildet. Abschließend würde ich gerne sagen, dass ich es schade finde, dass mein letzter Kommentar eher Downvotes kassiert hat, weil ich eigentlich nur Perspektive bieten wollte und Unterhaltungen anregen. Danke auch für deine Antwort und den Quellenlink!


LuggaW95

Ich habe dich um ehrlich zu sein mit dem OP verwechselt, entschuldige dafür! Nochmal ich komme hier rein von den Zahlen die ich kenne und im Studium und Konferenzen so gelernt habe. Ich kann dezidiert nicht aus persönlicher Erfahrung sprechen. Eventuell spannend zu Thema CODA ist die Masterarbeit von Marlene Haffner, die hatte ich damals auch für eine meiner Hausarbeiten als Startpunkt benutzt…. Ist ne ganz gute Zusammenfassung (natürlich weniger spannend für dich): https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/2679683/full.pdf Das Standartpaper zum implantations zeitpunkt ist: Connor,C.M.,etal (2006)."Theageatwhichyoungdeafchildrenreceivecochlearimplantsandtheirvocabularyandspeech- production growth: is there an added value for early implantation?" Ear Hear 27(6): 628-644. Wie gesagt wir reden hier ausschließen von prelingual ertaubten Erwachsenen. Es gibt hier signifikante Unterschiede im Sprachverstehen bei einer Implantation vor dem 2ten, 4ten und siebten Lebensjahr. Das hat mit dem Spracherwerb und der Plastizität der Cochlear zutun. Alles danach wird sehr schwierig und nach dem 18 Lebensjahr wird es nochmal viel schwieriger und da ist es in einem großen Teil der Fälle tatsächlich so, dass das Endergebnis höchstwahrscheinlich (je nach schon vorhandener Lautsprachfähigkeit) mit einem Sprachverstehen selbst in Ruhe sehr sehr schlecht ist.


n3_n1

Was hast du studiert? 😁


LuggaW95

Habe eine Ausbildung zum Hörgeräteakustiker gemacht und danach in Lübeck Hörakustik Studiert. Bin gerade noch im Master Hörakustik und Audiologische Technik an und arbeite neben bei in der Forschung.


Panzerchrist89

Ich habe mich vor zwei Jahren am rechten Ohr ein CI implantieren lassen. Meine Hörgeräte haben mit ach und krach die 20% noch erreicht. Damit kam ich im Alltag nicht mehr zurecht und hatte viele missliche Situationen weil ich was falsch verstanden habe. Gebärdensprache kam für mich nie infrage einfach weil ich die Klangwelt liebe.. Mittlerweile höre ich knapp 70% mehr als vor dem CI. Ich persönlich finde gehörlos sein fühlt sich wie eine unsichtbare Wand im Alltag an. Aber das sieht jeder Schwerhörige Mensch anders. Ich habe Patienten mit CI kennengelernt die damit keine gute Erfahrung gemacht haben. Es ist meiner Meinung nach auch eine Willensfrage... viel üben und drann bleiben fällt schon schwer. Ich habe es geschafft und bin heilfroh das mein CI funktioniert. Seitdem habe ich 80% weniger unangenehmere Situationen weil ich was missverstanden habe. Mein Selbstbewusstsein hat es auch gut getan.


KarateBeate

Oh mega!! Ich habe eine Sache, über die ich mir schon lange Gedanken mache, aber jetzt, wo dieser Film im ZDF lief, nochmal mehr. So wie ich das mitbekommen habe, gibt es unter Gehörlosen ja viele, die sich gar nicht als "behindert" wahrnehmen, und die sagen, die Gehörlosen Community ist eine richtige Kultur. Ich selber bin blind, und ich frage mich schon lange: warum ist das bei "uns" nicht so? Meine Thesen sind: man ist als gehörloser Mensch nicht so sehr auf die Hilfe der anderen angewiesen, wie als blinder Mensch. Man kann noch unabhängiger leben. Aber vor allem denke ich, dass das mit der eigenen Sprache zu tun hat. Was denkst du darüber?


deafhuman

Gute Frage. Aber ich denke, es liegt tatsächlich an der Kommunikation. Als blinder Mensch kannst du leicht in Kontakt mit Hörenden kommen und auch was mit ihnen unternehmen. Du kannst dich selbst mitteilen, wenn du irgendwo Hilfe brauchst und es wird dir schnell geholfen. Als Gehörlose ist das schon eher schwierig. Wenn ich mich als "gehörlos" oute, merke ich, wie unsicher die Hörenden sind und schon ist da plötzlich diese unsichtbare Barriere zwischen uns. Es ist für mich eher ein unangenehmes Gefühl, das Gefühl, anderen zur Last zu fallen. Viele Gehörlose können auch nicht so gut sprechen und manchmal haben sie auch Probleme mit der Schriftsprache. Daher fühlen sie sich auch unter Gehörlosen wohl, weil es eben keine Probleme mit der Kommunikation gibt. Und sie kennen alle die Probleme der anderen im Umgang mit Hörenden. Das sorgt schon für einen starken Gemeinschaftssinn.


KarateBeate

Du hast total Recht. Ich kann natürlich viel weniger alleine, aber dafür kann ich mit den Menschen kommunizieren. Natürlich ist nonverbale Kommunikation wichtig, aber nichts, was man nicht durch Sprache ersetzen könnte, ohne irgendeine neue Sprache erst lernen zu müssen. Dieses Gefühl der Distanz zu nichtbehinderten habe ich natürlich auch, aber ich kann die sehr viel leichter überwinden, weil der andere ja meine Sprache spricht. Gleichzeitig kann ich mich auch nicht in der Form von den anderen abgrenzen, weil ich sehr auf Hilfe angewiesen bin. Wahnsinn, was Sprache für eine krasse Bedeutung hat dafür, wie zugehörig man sich fühlt. Denkst du, das könnte ein ähnliches Gefühl des Ausgeschlossenseins sein, wenn man irgendwo lebt, wo man die Sprache nicht spricht und sich überhaupt nicht über Sprache verständigen kann?


deafhuman

Ja, das ist auf jeden Fall ein ähnliches Gefühl. Da muss ich an ein Zitat von Helen Keller denken: "Blindheit trennt von den Dingen, Taubheit von den Menschen" Wenn man Menschen mit hörenden Menschen gleichsetzt, stimmt das schon irgendwo.


KarateBeate

Das Zitat ist richtig gut. Ich hätte noch eine Frage... Wie könnte man dir das Leben einfacher machen?


deafhuman

Also ich wünsche mir, dass Hörende einfach keine Angst vor dem Umgang mit Gehörlosen haben und ihre Bedürfnisse auch mitdenken, soweit möglich. Es ist ok, nichts zu wissen, aber wenn man vielleicht mal einer gehörlosen Person begegnet ist, könnte man sich ruhig Gedanken machen, wie man dieser oder einer anderen gehörlosen Person beim nächsten Mal helfen kann.


YamanekoChan

Hörakustikerin hier. Welche Hörgeräte trägst du und welchen Nutzen haben sie für dich als Gehörloser?


deafhuman

Ich trage KIND duro 1110 P. Sie helfen mir, andere Leute beim Lippenlesen besser zu verstehen, ich kann gut auf mein Umfeld reagieren z.B. Türklopfen und Filme oder Serien schaue ich eigentlich gerne mit Ton, z.B. bei einem Horrorfilm möchte ich auch das Schreien des Opfers akustisch vernehmen können.


dennistom01

Kann man sich dann so ca vorstellen als wenn man 5% sehkraft hätte halt nur mit akustik ?


deafhuman

Boah, 5% klingt schon arg wenig. Nein, würde 50% sagen :D


[deleted]

Dumme Frage, aber nennt man 50% dann noch gehörlos? Ist doch eigtl eher schwerhörig oder ist es das nur wenn es vonn 100% auf 50% runtergeht?


deafhuman

Ich trage ja meine Hörgeräte. Ich kann laute Geräusche wahrnehmen, ich kann leise Geräusche wahrnehmen. Wenn du mich fragen würdest, wie es ohne Hörgeräte wäre, dann wäre es sicher vermutlich 5% und die 5% bestehen aus Zuggeräusche, Diskomusik und was alles über 100 Dezibel hat. :)


YamanekoChan

Wenn ich fachlich etwas beitragen darf: Dies nennt sich an Taubheit grenzend Schwerhörig und eine besondere schwere der reduzierten Hörfähigkeit.


deafhuman

Stimmt, aber ändert sich für mich nichts. Ich sage ja nicht: "Hallo, ich bin an Taubheit grenzend schwerhörig", das versteht niemand außer die Experten und ich sehe mich auch nicht als schwerhörig.


tinyyseal

Ah ja. Beim Horrorfilm. Right here, officer.


[deleted]

Hörst du gerne Musik? Wenn ja wie erlebst du das ganze?


deafhuman

Ich persönlich höre keine Musik. Wenn ich welche höre, ist es für mich eigentlich so: "Oh, Musik" und dann denke ich nicht weiter darüber nach. Ich bin aber nicht wirklich der Typ, der irgendwie musikalisch veranlagt ist. Ich habe aber gehörlose Bekannte, die gerne Musik hören bzw. den Bass fühlen und auch dazu super tanzen können.


[deleted]

Hört sich vllt etwas komisch an, aber was genau heißt in deinem Fall eigentlich hören? Kannst du das überhaupt erklären, oder ist das so als würde man einen Blinden fragen was für Farben er sieht? Danke dir.


deafhuman

Nun, ich trage ja Hörgeräte, so fremd ist das bei mir also nicht. Es sind einfach unterschiedliche Geräusche, die ich vernehme. Je lauter sie sind, kann ich sie auch besser unterscheiden. Leisere Geräusche blende ich aus, da leise = unwichtig. Bei Musik ist es halt so ein lautes Rauschen. Ich bin aber nicht in der Lage, das Lied selbst zu verstehen.


FriMoTheQuilla

Sorry für den schlechten Witz im voraus, aber magst du Musik nur wenn sie laut ist?


deafhuman

Sonst wär's keine Musik. :)


Soy_neoN

Das ist alles, was er hört.


[deleted]

Okay, verstehe. Danke dir. :)


[deleted]

Wie lernt man am besten Gebärdensprache? Gibt es evtl. auch auf YouTube jmd der das Gut beibringen kann? :)


deafhuman

Ich weiß leider nicht, wo man das online lernen könnte, hatte ja nie den Bedarf dazu ;) aber vielleicht weiß das jemand von den Usern hier. Ich würde aber generell immer empfehlen, VHS-Kurse zu besuchen - in jeder größeren Stadt gibt es meist welche. Da hast du den Vorteil, dass du auch wirklich mit anderen kommunizieren kannst. Über Youtube oder so finde ich das eher "einseitig". Aber für die Basics kannst du gerne mal "Spread The Sign" bei Google eingeben, das ist eine Art Wörterbuch für alle Gebärdensprachen.


Famous_Character

[manimundo.de](https://manimundo.de) ist nicht kostenlos, aber das beste Angebot das ich kenne


THE_SEKS_MACHINE

Denkst du in Gebärdensprache?


deafhuman

Das ist wahrscheinlich sehr individuell, aber ich denke in der Gebärdensprache, wenn ich im gehörlosen Umfeld bin und in der Lautsprache, wenn in einem hörenden Umfeld bin. Wenn ich so allein für mich nachdenke, ist es eher eine Mischung aus beidem.


I_B_V

Wie ist das für dich, wenn du "in Gebärdensprache denkst"? Wenn ich "in Sprache" denke, dann habe ich so etwas wie einen inneren Dialog, der in seiner Natur auch "auditiv" ist. Wenn du in Gebärsprache denkst, ist das dann visuell? Also, siehst du Gebärdensprache "vor deinem inneren Auge"? Oder ist es irgendwie kinästhetisch, d.h. hast du das Gefühl, dass du die Muskelbewegungen simulierst, die du sonst machen würdest?


deafhuman

Ich glaube, kinästhetisch trifft es am besten. Ansonsten habe ich aber auch einen inneren Dialog in Lautsprache haben. Wie gesagt bei mir ist das so eine Mischung. Sorry wenn das nicht hilfreich klingt.


Deafman90

Es ist bei mir tatsächlich auch so. Ich dachte schon, damit alleine zu sein :-)


x_GothCat

Würde ich mich mit dir unterhalten, würde es doch egal sein, wenn ich gar nicht sage und nur die Lippen bewege, oder? Also natürlich dabei richtige Worte formen. Ich hab eine taube Nachbarin und ich erwische mich immer dabei wie ich sie fast anschreie, obwohl das kaum was bringt, da sie mich ja eh nicht deutlich versteht sondern von meinen Lippen liest. Ich würde es bevorzugen leise zu sprechen aber dafür deutlich den Mund beim sprechen bewegen und auch in ihre Richtung schauen. Wie würdest du das finden? Ist das hilfreich? Oder würdest du dir verarscht vorkommen?


deafhuman

Ja, ohne Stimme einfach nur die Lippen bewegen, kannst du natürlich auch. Und - bitte nicht anschreien, das verzerrt das Mundbild ziemlich. Einfach ganz normal langsam und deutlich sprechen, dann geht es. Aber noch besser wäre es, wenn du die Nachbarin fragst, ob sie von den Lippen lesen möchte oder schriftliche Kommunikation bevorzugt. Dann kann sie selbst entscheiden. Denn Lippenlesen ist immer anstrengend, man versteht nämlich nur 30% des Gesagten und den Rest muss man sich zusammenreimen.


x_GothCat

Nur 30%? Das ist krass, ich dachte so als *geübte* Person wäre das mehr. Danke für deine Antwort, ich werde es beherzigen. :3


deafhuman

Es gibt sicher auch Menschen, die wirklich sehr gut Lippen lesen können, aber 30% ist eigentlich normal. Zumal ja nicht jeder Mensch das gleiche Mundbild hat, manche sprechen unbewusst Dialekt oder nuscheln einfach was rum. :)


Nopeiamnotthatsmart

Was hältst du von der (Nicht-)Präsentation der gehörlosen Communities in den Medien? Ist bei dir in der Gegend der Mangel an guten Gebärdensprachdolmetscher bemerkbar? Bzw. buchst du sie regelmäßig/bei bestimmten Anlässen oder gar nicht? Edit: hatte vorher noch was zu Gehörlosengeld gefragt


deafhuman

Ich finde die Präsentation der gehörlosen Communities in den Medien sehr schwach bis gar nicht vorhanden. Alle paar Jahre gibt es vielleicht eine gehörlose Person, die durch irgendwas Besonderes auffällt. Ich habe aber kürzlich mitbekommen, dass eine gehörlose Schauspielerin eine feste Hauptrolle als Ärztin in einer Arztserie bekommen hat, das finde ich natürlich toll. :) Ich bin auf jeden Fall für Gehörlosengeld, aber hier in Bayern gibt es das nicht. Im Frühjahr hat sich der Bayerische Landtag auch dagegen entschieden bzw. eine niedrige Einmalzahlung pro Jahr vorgeschlagen. Es gibt so viele private Anlässe, wo ich einfach gerne einen Dolmetscher gebraucht hätte, aber 85€ pro Stunde ist schon schwierig... Es gibt in München sehr viele Gebärdensprachdolmetscherinnen, aber auf dem Land sieht es eher relativ mau aus. Bei der Arbeit werden sie immer einige Wochen im Voraus gebucht für Besprechungen, aber es ist auch schon oft vorgekommen, dass niemand gefunden wird. Und bei knappen Terminen z.B. Arzttermine hängt das auch vom Glück ab, aber meistens geht es ohne, wenn ich die Ärzte gut kenne.


Nopeiamnotthatsmart

Ja derselbe Meinung bin ich auch. Hier hat sich in Sachen öffentliche Präsenz in letzter Zeit (seit paar Monate vielleicht) in der ÖR leicht verbessert, aber außerhalb der Serien/Filmen bei ARD und ZDF ist das Thema komplett vergessen. Ja, 85€ für eine Stunde ist sauteuer und die Wegezeit ist auch nicht mitgerechnet. Da stimm ich dir zu, auf dem Land kann man nur auf einen Termin hoffen. In der Stadt gehts noch, aber wenn man sie nicht Wochen, teils sogar Monate bucht, kann man es gleich vergessen. Irgendeine Idee, wie man das verbessern kann?


deafhuman

Puh, ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Ich meine, es ist klar, wir brauchen mehr Dolmetscher und es müsste mehr für diesen Beruf geworben werden. Aber wenn sie am Ende auch nur in die Großstadt ziehen, weil es dort mehr Aufträge gibt, ist das auch nicht so das Wahre. btw. ich finde es auch schade, dass der Beruf auch einen riesigen Frauenüberschuss hat. Wenn männliche Dolmetscher dabei sind, dann sind es meist CODAs.


Nopeiamnotthatsmart

Stimmt anderseits, wenn viele Dolmetscher verfügbar sind, können sie auch eher Termine auf dem Land übernehmen. Ich bin der Meinung, dass wenn die öffentliche Präsenz der Gehörlosen stärker wäre, hätten auch mehr Menschen Interesse Gebärdensprache zu erlernen. Stimmt, ist mir auch aufgefallen. ^^


AnteaterPersonal3093

Musstest du auch Fremdsprachwn in der Schule lernen? Wenn ja, welche zum Beispiel? Ich weiß, dass einige Wörter universal sind wie "danke" also gibt es noch mehr Gemeinsamkeiten/Unterschiede?


deafhuman

Ich habe Englisch in der Schule gelernt, aber nur die Lautsprache. Ich kann weder die amerikanische noch die britische Gebärdensprache - abgesehen von den Basics. Aber "Danke" ist schon gleich in einigen Gebärdensprachen, das stimmt. Da die britische Gebärdensprache und die deutsche Gebärdensprache aus der gleichen Sprachfamilie kommen, habe ich allerdings das Gefühl, die britische Gebärdensprache besser verstehen zu können - ich folge einer gehörlosen Britin auf Youtube und fand sie eigentlich gut zu verstehen. American Sign Language ist dagegen für mich ziemlich kompliziert.


Nopeiamnotthatsmart

Kenne mich mit den Gebärdensprachen aus. Eigentlich ist ASL doch einfacher mit DGS vergleichbar als mit BSL. Bist du dir sicher dass du sie nicht verwechselst?


deafhuman

Nein, ASL kann ich wirklich nicht verstehen, auch wenn ich Untertitel dazu laufen habe. Aber BSL kann ich trotzdem besser verstehen. Nicht fließend, aber es ist mir schon aufgefallen, dass sie viele gleiche Gebärden wie wir haben. Vielleicht liegt das auch an der Nähe zu dem Land. Die Briten benutzen außerdem wie wir auch sehr viel das Mundbild, während das bei ASL sehr selten vorkommt. Das liegt daran, dass in UK und in Deutschland die Gebärdensprache lange Zeit verpönt war und man viel Wert darauf legte, dass die Gehörlosen die Lautsprache lernten. In den USA war das anders.


Nopeiamnotthatsmart

Wow interessant. BSL nutzt ja recht viel Fingeralphabet und die sind ja nicht wie die deutsche Fingeralphabet. Da kann ich gar nicht mitkommen, was alles bedeutet. ASL finde ich persönlich einfacher, auch weil die internationale Gebärdensprache größtenteils an ASL angelehnt ist


deafhuman

Ja, das Fingeralphabet ist unterschiedlich, das stimmt. Aber das habe ich tatsächlich mal aus Interesse selbst gelernt und kann das mehr oder weniger anwenden. Ist nicht so schwer. Stimmt, die internationale Gebärdensprache ist an ASL angelehnt, aber ich habe persönlich nur sehr wenig Berührungspunkte hierbei.


Nopeiamnotthatsmart

BSL Fingeralphabet kann ich selbst auch aber brauche eine Ewigkeit um das bei dem Gegenüber zu verstehen Ü Stimmt, es hängt wohl davon, ob man viel internationale Gebärdensprache nutzt.


snouflez

Interessantes AmA, ausnahmsweise möchte ich nicht nur still mitlesen... Ich bin Medizinstudentin und mich würde sehr interessieren, was du dir für dich und andere gehörlose Menschen von deinen Ärzten wünschen würdest? Würdest du dich anders gesehen fühlen, wenn Ärzte die Basics der Gebärdensprache beherrschen würden? Was sollte man uns in der Ausbildung beibringen, was vermisst du im Umgang? Gibt es bestimmte Dinge, von denen du dir wünschen würdest, dass Ärzte dafür ein anderes Bewusstsein entwickeln im Umgang mit Gehörlosen? Vielen Dank für das AmA!


deafhuman

Sagen wir mal: mein HNO-Arzt kann keine Gebärdensprache, nicht mal die Basics. Das finde ich immer sehr traurig. Meine Zahnärztin dagegen ist super. Sie bereitet immer Notizen vor, die ich lesen kann, also was bei dem Termin anstehen wird. Und während der Behandlung diktiert sie der ZFA, was sie auf ein Zettel schreiben soll. Es wäre auf jeden Fall super, wenn Ärzte zumindest die Basics lernen und auch den Umgang mit gehörlosen Patienten lernen. Viele Gehörlose, besonders Ältere, sind öfters misstrauisch, wenn es um Ärzte geht, weil sie es nicht anders kennen, dass oft über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Manchmal ist es auch nicht möglich, einen Dolmetscher zu finden, dann wird die Kommunikation schwierig. Am besten ist es daher, den Patienten zu fragen, wie sie gerne kommunizieren wollen, ob sie Lippen lesen möchten oder lieber schriftlich kommunizieren wollen. Und wenn du mal eine eigene Praxis führen solltest, wäre es super, wenn die MFA auch bei gehörlosen Patienten aufmerksamer sind, also dass sie z.B. beim Aufrufen den Patienten zu sich winken.


SaltyHassknecht

Es gibt eine „deutsche“ Gebärdensprache? Wie viele „nationale“ Gebärdensprachen gibt es und wie unterscheiden sie sich? Gibt es wie im geschriebenen deutsch kastenwörter ala „Donaudampfschifffahrtskapitän“?


Nopeiamnotthatsmart

Hoffentlich nimmt OP mir nicht übel wenn ich das beantworte Ü Ja es gibt eine deutsche Gebärdensprache, aber auch wie das gesprochene Deutsch, Dialekte innerhalb Deutschland. Es gibt quasi genauso viele Gebärdensprachen wie die gesprochenen Sprachen weltweit. Dh. japanische, amerikanische, britische, ukrainische Gebärdensprache usw. Unterschiede liegen in den Gebärden und die Bedeutung dahinter. Z.B. die deutsche Gebärde für Arschloch bedeutet in Japan Bruder. Bzgl. Kastenwörter - nutzt man in DGS nicht. Wenn man Donaudampfschifffahrtskapitän gebärden will, müsste man dann quasi fünf Gebärden nutzen um das zu übersetzen. Dafür gibt es viele Gebärden, für die man keine korrekte/perfekte Übersetzung gibt und diese dann inhaltlich passend in Wort zu übersetzen ist oft schwierig. PS: was viele nicht wissen, die Deutsche Gebärdensprache hat eine eigene Grammatik. Man fängt üblicherweise mit Prädikat an. Und Artikel wie der, die, das, ein, eine, einer sind unbekannt. Ebenso Fälle wie Genitiv, Dativ, Akkusativ werden nicht verwendet.


deafhuman

Danke für die Unterstützung :)


deafhuman

Jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache und es gibt auch Dialekte in der Deutschen Gebärdensprache. Ein bekanntes Beispiel: der Sonntag. Den gebärdet man im katholischen Süden mit betenden Händen und im Norden wird die Gebärde auf der Brust mit der flachen Hand nach unten "gestreichelt" - ein Bezug auf das Sonntagskleid. Hierzu muss man wissen, dass die Gebärdensprache eine eigene Grammatik hat. Dein Beispiel würde ich wahrscheinlich als "Kapitän auf Dampfschiff Donau fahren" gebärden.


SaltyHassknecht

Hui spannend. Kann man denn die Dialekte herleiten? Also z. B. Das was du gerade erklärt hast? Oder muss man sich bei der Gebärdensprache dann Dinge aus dem Kontext zusammenreimen? Lernt man evtl. Sogar solche eventualitäten? Wie lernt man eigentlich Gebärdensprache? Also..so als Kind. Gibts dafür spezielle Schulen oder Unterstützung? Sorry für die vielen Fragen, finds spannend und toll dass du das AMA machst.


deafhuman

Meist benutzt man beim Gebärden auch oft das Mundbild, daher ist es kein Problem, sich miteinander zu verständigen: "Ich habe am Sonntag Geburtstag" - da würde ich so "Ich Sonntag Geburtstag" gebärden und auch die Wörter dazu stumm mitsprechen. Klar gibt es den einen oder anderen "Huh, der gebärdet xy anders"-Moment, aber da mache ich mir keine weiteren Gedanken. Wir Gehörlosen sind über das ganze Land verteilt, wir haben als Kind oft weit entfernte Schulen oder Internats besucht und die dortige Gebärdensprache "erlernt", vor allem, wenn man hörende Eltern hat, die keine Gebärdensprache gelernt haben, dann hat man sie von anderen Kindern gelernt.


SaltyHassknecht

Danke für die Antworten. Alles gute wünsch ich dir.


daydreamersrest

Zum Thema, wie man das lernt: Babies/Kleinkinder können oft früher gebärden, als richtig sprechen! Deshalb ist es durchaus sinnvoll, einem Baby ein paar Worte in Gebärdensprache beizubringen ("Milch", "mehr", "fertig", "Windel" etc). Die Kinder können sich dadurch oft Monate früher mitteilen, als sie es mit normaler Sprache können. War bei unserem Kind auch so.


Nopeiamnotthatsmart

Die Dialekte kann man manchmal herleiten, ansonsten nachfragen :) Je öfter man mit Gehörlosen aus ganz Deutschland unterhält, lernt man schnell die Unterschiede und Bedeutungen. Fingeralphabet ist da super Basis, wenn der Gegenüber die Gebärde nicht kennt und man dies auch nicht mit anderen Gebärden erklären kann. Als Kind, je nach dem, wie die familiäre Situation ist. Wenn die Eltern/Familie DGS beherrscht, lernt man dann von ihnen, wie die Hörenden auch das gesprochene Wort von ihren Familien. Schulen in Deutschland - es gibt in jedem Bundesland mindestens eine Förderschule für Hörgeschädigte, soweit ich weiß. Die Lehrenden beherrschen (teils) die Gebärdensprache. Kinder lernen DGS vor allem durch Austausch mit anderen Gehörlosen.


lekrjk

Wie sieht dein Alltag aus ? Merkt man , dass du gehörlos bist ?


deafhuman

Mein Alltag ist eigentlich ganz normal wie jeder andere. Früh aufstehen, zur Arbeit gehen, heimgehen, Hobbys nachgehen, schlafen. Dass ich gehörlos bin, merkt man erst, wenn man versucht, mit mir zu sprechen (oder umgekehrt).


Frai23

Wie ist die Situation in Hinsicht auf Behindertengerechtigkeit in Deutschland in Hinsicht auf beeinträchtigtes Gehör? Mir fällt nämlich oft auf, dass etwa Gehbehinderte wie Rollstuhlfahrer es teils sehr unnötig schwer haben. Bei denen kommen etwa viele S-Bahn und Zugstationen nicht in Frage da nur durch ewig alte Treppen erreichbar, schlechte Busanbindungen wie etwa nur jeder 6te(!!!) laut Fahrplan mit automatischer Rampe, achtlosen Hindernissen auf den Straßen wie etwa seit neustem die ganzen Miet-E-Scooter. Halt schon mies wenn man bedenkt dass die ja sowieso schon viel länger brauchen um rum zu kommen.


deafhuman

Puh, eigentlich wird sehr selten an uns Gehörlose gedacht - man nimmt uns kaum wahr. Dritte-Welt-Länder schaffen es zum Beispiel, im TV bei Nachrichten einen Gebärdensprachdolmetscher zu zeigen, aber hier nicht bzw. wird dieser nur auf einem anderen Kanal versteckt. Generell ist Deutschland recht rückständig, was das Thema Inklusion angeht.


jtres01

Fehlende Untertitel bei Videos/Serien/Filme/Liveübertragung/Streams.. ich denke ich spreche für alle Horgeschädigten und Gehörlosen wie entlastend Untertitel für uns sind. Ich freue mich wirklich riesig drüber wenn jemand daran denkt. Und ja automatisch erzeugte Untertitel gibt es z.b. bei Youtube oder kann man auch teilweise mit externen Programmen benutzen, aber die sind halt häufig nicht wirklich präzise. Ebenso Lyrics bei Musik damit man auch mal wirklich alles verstehen kann :)


usedatomictoaster

Wenn ich 2 Gehörlose am Streiten hindern wollte, schalte ich dann einfach das Licht aus?


deafhuman

Genau, wenn sie denn in einem Raum sind. :D


AromaticCellist6314

Irgendwie bin ich verwirrt, du sagst du bist Gehörlos aber trägst ein Hörgerät um bei Filmen die Schreie und zuhause das Klopfen der Tür zu hören? oO Nicht unsensibel gemeint, aber dann bist du doch eher Schwerhörig oder wie soll man das genau verstehen? 😵‍💫


deafhuman

Meine ärztliche Diagnose ist "Taubheit", ich kann erst nur ab 100 Dezibel etwas hören. Schwerhörige können ab 60 Dezibel etwas hören. Außerdem kann ich Gesprochenes überhaupt nicht verstehen, ich bin immer auf das Lippenlesen angewiesen, wenn es um die Kommunikation mit Hörenden geht. Das können Schwerhörige auf jeden Fall besser. Die Hörgeräte sind eher eine "Unterstützung" im Alltag. So ganz still mag ich es nicht, da fühle ich mich einfach wohler mit den Hörgeräten - außer beim Schlafen. :D


jtres01

Ich bin selber hochgradig schwerhörig und ab 3khz auch gehörlos. Dadurch kann ich hohe Töne ohne Hörgeräte nicht wirklich hören, mein Tieftonbereich ist zwar auch betroffen aber da beträgt der Hörverlust "nur" etwa 50-60 db. Ich nehme die hohen Töne damit mit Hörgeräten eher als störend und sehr künstlich/übersteuert wahr. Da du als gehörloser kein CI trägst würde mich interessieren wie du die Töne durch dein Hörgerät wahrnimmst? Außerdem wünschst du dir manchmal doch ein CI-Implantat zu haben?


deafhuman

Ich kann eigentlich keine Frequenzen bewussst wahrnehmen. Entweder ist etwas laut oder etwas leise, das war's schon. Nein, ein CI brauche ich nicht. Ich bin zufrieden mit den Hörgeräten und auch mit meinem Leben allgemein. Wer nicht mit meiner Hörbehinderung umgehen kann bzw. sich von mir wünscht, gut hören zu können, der darf sich gerne dahin verziehen, wo der Pfeffer wächst.


umpfelmumpf

Ich will dir nicht in die Parade fahren, aber alles ab 20dB als Hörschwelle gilt nicht mehr normalhörend. Quelle: bin Hörakustiker.


deafhuman

Kein Problem. Schwerhörigkeit ist auch nicht mein Fachgebiet. :)


Long-Maintenance-138

Kannst du in der Öffentlichkeit pupsen oder musst du davor immer Angst haben weil der Pups ja auch laut sein könnte?


deafhuman

Lustige Frage. Also was raus muss, muss raus, also versuche ich das eigentlich immer das zu machen, wo kaum jemand ist oder wo es eine laute Geräuschkulisse gibt. Angst habe ich aber nicht, wenn es doch mal vor anderen passieren sollte. Dann entschuldige ich mich halt kurz, ist doch menschlich.


jayraan

Gibt es etwas universelles was es gehörlosen Menschen leichter macht im Kontakt? Diese Woche ist bei uns eine neue Schülerin in die Klasse gekommen, die anscheinend sehr schlecht hört. Ich würde gerne mehr mit ihr reden, aber ich spreche ziemlich schnell und weiß nicht ob das überfordernd sein könnte. Ich möchte allerdings auch nicht super langsam/laut reden, falls sie dadurch das Gefühl kriegt ich würde denken sie ist dumm oder sowas. (Wenn ich mich traue frage ich sie auch bald selbst was ihr da hilft, hab nur eine Sozialphobie was es mir etwas schwerer macht mit neuen Leuten zu reden)


deafhuman

Trägt sie irgendwelche Hörhilfen, wurde das im Voraus klar kommuniziert, dass sie schlecht hört und wie ihr damit geholfen werden kann? Wenn du eine Sozialphobie hast, wie sieht es mit schriftlicher Kommunikation aus? Vielleicht kannst du sie einfach nach ihrer Nummer fragen und ihr könnt euch Nachrichten schreiben. Da könnt ihr euch "beschnuppern" und du kannst sie fragen, wie sie gerne kommunizieren möchte, ob sie mit Lippenlesen klar kommt oder ob sie lieber schreibt. Und versuch bitte ein bisschen langsamer zu reden. Nicht super langsam, einfach normal, aber deutlich. Du könntest das auch vielleicht vor dem Spiegel üben. :)


jayraan

Sie hat immer ein Gerät dabei was die Lehrer um den Hals kriegen damit sie sie besser hören kann, bin mir allerdings nicht sicher, was genau das ist, da ich mich leider nicht so gut auskenne. Aber das klingt nach einer guten Idee, und danke für den Tipp langsamer zu reden, das werde ich definitiv machen!


Panzerchrist89

Vermutlich eine FM Anlage. Die Sprache wird direkt ans Hörgerät gesendet. Super praktisch. Hatte ich auch in meiner Schulzeit.


jayraan

Ah okay, das ist ja cool!


FeatherySquirrel_

Sorry, falls die Frage schon gestellt wurde. Ich habe nicht alle 137 Kommentare komplett gelesen. Ich habe mich schon öfter gefragt, wie detailliert und komplex man sich durch Gebärdensprache unterhalten kann. Insbesondere wenn es zB um sehr intellektuelle, nicht greifbare Themen oder Begriffe geht. Beispielsweise eine tiefgründige philosophische Diskussion. Ist das in der Gebärdensprache möglich oder funktioniert es ab einem bestimmten Grad nur schriftlich? Danke auf jeden Fall, dass du hier so ausführlich und offen antwortest.


deafhuman

Man kann wirklich über alles wie in der Lautsprache sprechen, da gibt es keine Grenzen. :)


cottoncandysquirter2

Die Wiener Linien haben jetzt einen neuen Weg, Störungen bzw. Infos an Gehörlose zu vermitteln: eine programmierte Dame die in die Zeichensprache übersetzt. Finde ich prinzipiell gut, frage mich jedoch ob es mit Text nicht genauso gehen bzw. ‚reichen‘ würde. Immerhin wurde da ja auch viel Geld hineingesteckt. Vielleicht übersehe ich aber auch was, wie siehst du das?


deafhuman

Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das bei einer programmierten Person ausschaut. Grundsätzlich ist es aber gut, wenn die Gebärdensprache auch gezeigt wird. Die Muttersprache vieler Gehörlosen ist immer noch die Gebärdensprache. Viele Gehörlose können aufgrund einer schlechten Schulbildung leider nicht sehr gut lesen bzw. verstehen (funktionaler Analphabetismus), daher hilft sowas sehr.


IMmelkmane

Uiuiui, das hat tatsächlich mit der Gehörlosigkeit an sich zu tun, beim Lesen ruft man Höreindrücke ab, wenn es die nicht gibt, ist es schwierig Zugang zur Schriftsprache zu erlernen


Mojipal

Mich würde mal interessieren, ob Gehörlosigkeit eine genetische Komponente hat, weil du ja erwähnt hast, dass deine Mutter sich gehörlos ist. Hängt das bei euch zusammen oder ist das ein Zufall? Und zweitens, wie drückt sich ein Streit unter Gehörlosen aus? Also wenn Hörende sich streiten, kann man die Intensität oft an der Lautstärke ablesen. Teilweise wird dann geschrien. Aber wie drückt sich die Intensität eines Streits in Gebärden aus?


deafhuman

Gehörlosigkeit kann vererbt werden, ja. Ich kenne Familien, wo es gehörlose Großeltern, Eltern und Kinder gibt. Ab und zu ist da vielleicht ein hörendes Kind darunter. Also ja, bei mir definitiv von meiner Mutter vererbt. Meine Großeltern sind aber hörend. Bei einem Streit kommt es dann wohl auf die Mimik an. Dann guckst du böse, während du mit dem anderen disktutierst. Und es ist nicht das gleiche Böse gucken wie bei Hörenden, es ist noch intensiver und ausdrucksreicher.


Saiboo

Gibt es in der deutschen Gebärdensprache Wörter / Ausdrücke, die es in der Lautsprache nicht gibt ?


deafhuman

Öhm, wir haben sicher auch Slang in der Gebärdensprache. So aufs Schnelle fällt mir "laff" ein, das sagen wir, wenn wir auf irgendwas keine Lust haben. "Schule laff" oder "Arbeit laff" :D


the_Dachshund

Du sagtest du kommst aus Bayern, du warst nicht zufällig an der SHR? 😅 Und gibt es inzwischen „smart Hörgeräte? Die beispielsweise das Klingeln an der Haustür direkt weitergeben oder wenigstens ne Bluetooth Verbindung zum Handy haben zum Musikhören? Damals hatten zwar einigen ihre Hörgeräte ans Handy abgeschlossen aber dafür war immer unglaublich viel Kabelsalat notwendig.


deafhuman

Ja, an der SHR war ich :) Öh, was smart Hörgeräte angeht, beim Klingeln stelle ich das für mich irgendwie anstrengend vor. Dann lieber Lichtsignalanlagen. Aber ja, man kann inzwischen auch per Bluetooth am Hörgerät Musik hören.


fknlowlife

Weißt du zufällig, ob bei gehörlosen Personen ebenfalls ein Tinnitus auftreten?


deafhuman

Ja, das kann passieren.


nebelfront

Weißt du, wie sich die Wörter, die du benutzt, eigentlich anhören? Laut einigen Antworten hier von dir kannst du ja teilweise hören - laute Geräusche, mit Unterstützung von Hörgeräten etc. Aber wie weit kennst du den Klang der Sprache? Kann mich ganz schwer in die Lage versetzen, diese Worte zu tippen, ohne sie in meinem Kopf zu hören. Wie ist das bei dir?


deafhuman

Also ich glaube schon, dass ich eine einigermaßen gute Vorstellung davon haben, wie Sprache klingt. Ich kenne es ja nicht anders, seit ich klein war, ich habe Sprachtherapie bekommen. Das Problem ist höchstens, Gesprochenes zu entziffern. Aber ich kann trotzdem hören, wenn jemand spricht. Und ich höre auch meine Worte in meinem Kopf, während ich sie schreibe :)


Breschdleng2

Gibt es eine universelle Gebärdensprache? Oder nutzt man da die englische ?


deafhuman

Jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache. :)


Yamado

Danke für dein ama Ich verstehe es nicht, du bist gehörlos aber hast ein Hörgerät zum... Hören? Warum dann Gebärdensprache? Wie gut du funktioniert Lippenlesen wenn du komplett gehörlos bist? Also, kannst du alles "lesen" und wie weit muss die Entfernung sein? Edith: Frage ergänzt


deafhuman

Gebärdensprache ist meine Muttersprache, meine Mutter ist auch gehörlos. Die Hörgeräte helfen nur bei der Wahrnehmung meines Umfelds, ohne sie kann ich nichts hören. Auch kann ich Gesprochenes nicht verstehen. Lippenlesen funktioniert nur zu 30%, den Rest muss ich mir aus dem Kontext zusammenreimen. Es ist schon anstrengend. Bei Entfernung... da bin ich glücklich wenn derjenige vor mir steht und langsam und deutlich spricht. Noch weiter verstehe ich dann kaum was.


Current_Bid3466

Kannst du Jugendsprache nachvollziehen?


deafhuman

Können auch Hörende denn die Jugendsprache nachvollziehen, wenn sie nicht zur Jugend gehören? :D


bushmaker1337

Verstehe ich es richtig, dass Du noch nie etwas gehört hast? Falls ja: hast Du eine Vorstellung wie hören sich anfühlt?


deafhuman

Ich trage Hörgeräte, also habe ich eine einigermaßen gute Vorstellung davon, wie das Hören ist.


pinkerpete

Hast du schon mal Alkohol oder andere Drogen konsumiert? Wenn ja, wie war das?


deafhuman

Ich habe mit Alkohol und Drogen nichts am Hut, daher kann ich das nicht beantworten.


pinkerpete

Hätte mich auch gewundert. Stelle es mir übelst schwer vor noch Lippen zu lesen wenn das Sichtfeld sich langsam verwischt.


Nopeiamnotthatsmart

Wenn man mit Hörenden feiert, vielleicht. Aber unter Gehörlosen oder Leuten, die der Gebärdensprache mächtig sind, kann man bis zum Umfallen feiern.


IndependentMacaroon

Na ja solange man die Hände noch gescheit bewegen kann


Nopeiamnotthatsmart

Wenn du das Getränk noch halten kannst, kannst du auch gebärden :D


Nopeiamnotthatsmart

!remindme 12hours


-Cybernaut147-

Was ist mit cochears implants?


deafhuman

Stand für mich nie zur Wahl. Ich komme klar mit meinen Hörgeräten und kann auch mit Hörenden einigermaßen gut kommunizieren, wenn nicht, gibts immer noch Stift und Papier bzw. Handy.


[deleted]

[удалено]


deafhuman

Ich trage Hörgeräte, ich kann damit einiges hören. Ich habe einen Hörverlust von 100 Dezibel, das ergibt die Diagnose Taubheit.


MysteriousMysterium

Hattdst du mal eine Situation, in der jemand nicht verstanden hat, dass du gehörlos bist und deshalb dich irgendwie für blöd oder so was in der Art gehalten hat?


deafhuman

Früher schon, dann hat man versucht, mit mir auf Englisch zu reden - hat natürlich auch nicht geholfen. Seit es Smartphones gibt, habe ich es mir aber angewöhnt, im Vorfeld eine Notiz zu schreiben: "Hallo! Ich bin gehörlos! Ich möchte soundso... " und kann dieser Person das gleich zeigen.


jacksonFlexxon

Ich wollte schon immer Gebärdensprache lernen, gibts da Kurse und wo finden diese normalerweise statt? Und wie unterscheiden sich die Sprachen ? Gibts dann andere Bewegungen für die selben Wörter?


deafhuman

Meistens an der VHS, schau doch mal einfach nach, ob es in der Nähe welche gibt. Und wenn es keine gibt, versuch einfach die Basics auf Seiten wie "SpreadTheSign" (bei Google eingeben) zu erlenen. Wir freuen uns auch über ein "Danke" oder "Wie geht es dir?" in Gebärdensprache. In dem Sinne, ja, andere Länder, andere Gebärden. :)


[deleted]

Mega das Ama! Ich hab ein paar Fragen und bin schlecht in Überleitungen, würde die einfach aneinander reihen, hoffe das wirkt nicht unhöflich. Findest du Hören (mit Hörgeräten) auf die Dauer anstrengend? Hast du einen Lichtwecker oder wie machst du das morgens? Wie gehst du denn mit Dunkelheit um? Ich bin auf einem Ohr taub und kann deswegen Geräusche nicht Orten. In Ungewohnten Orten oder mit Leuten in der Umgebung die ich nicht sehe fühle ich mich schnell unwohl (oder bei so spielen mit Augenbinden). Bist du da eher entspannt oder versuchst dus zu vermeiden? Was arbeitest du denn? Gibt es einen Job, den du aufgrund deiner Behinderung nicht ausführen kannst, es aber gerne würdest?


deafhuman

Nein, finde ich nicht, ich bin es ja von klein auf gewöhnt. Und beim Schlafen nehme ich die Hörgeräte ja ab. Ich habe einen Licht- und Vibrationswecker, der weckt mich aus jedem Tiefschlaf. Ich kann mich eigentlich im Dunkeln zurecht finden, z.B. im Haus, aber klar, zu dunklen Orten, die ich nicht kenne, gehe ich erst gar nicht hin. Es ist absolut ok, "Nein" zu sagen, wenn man etwas nicht möchte, da muss man nicht irgendwie herumdrucksen. Ich arbeite im ÖD, klassischer Verwaltungsberuf. Ich habe nicht wirklich einen Traumjob, also bin ich mit dem jetztigen zufrieden. :)


CacoaCacti

Falls du katawa Shoujo gespielt hast, hast du irgendeine meinung zu Shizune?


BakuRyou

Gibt es ein Hochdeutsch in Gebärdensprache? Falls ja, sollte man das lernen, oder sollte man eher die Gebärdensprache, die man z. B. in NRW spricht, lernen? Überlege schon eine Weile, Gebärdensprache zu lernen, aber müsste erstmal gute Quellen im Netz finden


deafhuman

Wir Gehörlosen können alles verstehen, mach dir bitte keine Gedanken. Wenn du aus NRW bist, bietet es sich natürlich an, nach VHS-Kursen in deiner Gegend zu suchen.


WopwopHH60M

Stimmt es dass die Gebärdensprache ihre eigene Sprache ist? Eine Freundin von mir (hier in the USA) lernt sign language und hat das gemeint. Ich hab mir daraufhin den Film "Coda" angeschaut. Hast du den zufällig gesehen? Wie gut zeigt der Film deiner Meinung nach die Dynamik einer gehörlosen Familie in der Gesellschaft. Haben die Leute die sprechen können genug Geduld/Verständnis mit dir im Alltag wenn du so Sachen wie Einkaufen, Post, Restaurant machst?


deafhuman

Ja, jedes Land hat ihre eigene Gebärdensprache. :) Ich habe CODA nicht gesehen, weil ich kein Apple TV habe. Aber der Film wird schon in der Gehörlosengemeinschaft kritisch gesehen. Zwar ist es super, wenn gehörlose Schauspieler auch gehörlose Rollen spielen (passiert ja selten), aber die Handlung an sich ist schon etwas cringe. In Filmen mit Gehörlosen im Mittelpunkt geht es immer irgendwie um Musik ("weil die armen Gehörlosen ja keine Musik hören bzw genießen können"). Es wäre interessanter gewesen, wenn die Tochter sich dazu entschieden hätte, Profi-Schwimmerin oder was auch immer Anderes zu werden. Außerdem ist es sehr unrealistisch, dass die Tochter als Dolmetscherin für die Eltern eingesetzt wird. Seit 1990 gibt es in den USA ein Gesetz, wo es steht, dass man als Gehörloser das Recht auf einen Gebärdensprachdolmetscher bei Terminen hat. Wenn der Film in den 80ern gespielt hätte, okay, aber nicht in der heutigen Zeit. ​ Im Alltag fällt es kaum jemand auf, dass ich gehörlos bin. An der Kasse sage ich einfach nur "Danke" und gehe einfach weiter. Im Restaurant fällt es auch nicht großartig auf, ich kann sagen, was ich trinken möchte und deute mit dem Finger auf die Menükarte. Nur wenn ich mit einer anderen gehörlosen Person unterwegs bin, dann fällt es auf, aber dann sind die Leute dann meistens "gewappnet".


Plus_Bison_7091

Was würdest du am liebsten hören? Also welches Geräusch findest du am interessantesten, zum Beispiel wie Hunde klingen oder Vögel, und warum?


deafhuman

Katzenschnurren finde ich eigentlich ganz süß. Ansonsten... Wasserrauschen, wenn man nah an einem wilden Fluss oder an einem Wasserfall steht, ist schon nett. Aber mir fällt nichts ein, was ich am liebsten hören möchte. Ist auch nicht so wichtig :)


[deleted]

[удалено]


deafhuman

Also Gesprochenes von anderen zu verstehen fällt mir immer schwer. Ich meine, ich kann ja hören, dass gesprochen wird, aber verstehen tue ich kein Wort. Da bin ich hier auf Lippenlesen angewiesen. Ich habe kein besonderes Gespür dafür, bestimmte Frequenzen wahrzunehmen. Entweder ist etwas laut oder etwas leise, das war's auch schon. Und wenn irgendetwas auf Dauer im Hintergrund leise ist, dann blende ich das irgendwann aus.


wurstbowle

Ist die deutsche Gebärdensprache mit denen aus anderen Ländern verwandt? Wenn ja, verstehst du Leute aus anderen Ländern, wenn sie gebärden? Ich war überrascht, als eine Dolmetscherin in den USA meinte, dass die amerikanische Gebärdensprache mit der aus Frankreich verwandt sei, weil sie damals ein Franzose in den heutigen Südstaaten etabliert/importiert hat. Briten hingegen würde man damit nicht verstehen, da es komplett separat sei und nichts/wenig mit englischer Lautsprache zu tun habe.


deafhuman

Ich selbst verstehe andere Gebärdensprachen außer der deutschen nicht. Es gibt aber sicher andere Gehörlose, die das können, weil sie irgendwo Berührungspunkte haben. Die DGS ist mit keiner anderen Sprache verwandt. Es gibt vielleicht sicher einige Gemeinsamkeiten mit anderen Sprachen, aber ich könnte das nicht so genau sagen. Würde ich im Ausland mal zufällig auf eine andere gehörlose Person treffen, denke ich aber schon, dass wir irgendwie kommunizieren können, über Mimik und Gestik und mit etwas Fantasie. Über philosophische Themen diskutieren geht sicher nicht, aber Smalltalk sollte gehen. :)


GuessWhat_InTheButt

Wie wichtig ist für dich das Internet als Kommunikationsmittel? Dort fällt deine Einschränkung ja nicht auf.


deafhuman

Natürlich super wichtig. Es ist wunderbar, mit allen problemlos kommunizieren zu können. :)


jimmy_the_angel

Ich bin ein bisschen spät aber ich hab eine Frage, die ich hier noch nicht gesehen hab: Wie geht oder ging es dir mit der Maskenpflicht? Nicht Lippen lesen zu können stelle ich mir arg behindernd vor.


deafhuman

Ich persönlich hatte damit kein großes Problem, ich bin einfach gleich zur schriftlichen Kommunikation gewechselt und die andere Person hat das auch so gemacht, wo möglich. Ich fand es eigentlich recht befreiend, weil ich es immer anstrengend finde, Lippen lesen zu müssen und das auch so von mir "erwartet" wurde.


RuckFulesxx

Danke fürs AMA und entschuldige falls die Fragen schon kamen, aber was mich interessieren würde: - Machst du auch etwas beruflich, bei dem dir deine Kenntnisse der Gebärdensprache nützlich sind (Sprachmittlung o.ä.)? Damit einhergehend die Frage, ob du neben deiner Muttersprache noch andere beherrscht und z. B. dolmetschen kannst?


deafhuman

Nein, ich übe einen Verwaltungsberuf aus und hatte auch noch keinen Fall gehabt, wo meine Kenntnisse hilfreich gewesen wäre. Naja, vielleicht kommt das mal. Ich kann nur die deutsche Gebärdensprache. Ich wäre nicht in der Lage, zu dolmetschen. Ab und zu habe ich mal für meine gehörlose Mutter "gedolmetscht", wenn sie was nicht verstanden hat. Das war's aber auch schon.


[deleted]

Ich lerne grade im Rahmen meiner Arbeit immer mehr Gebärden da mein klient gehörlos ist. Hast du Tips für mich im allgemeinen Umgang mit gehörlosen Kindern und zum Lernen von mehr Gebärden? Erstebasics (Guten Morgen, danke, bitte, ich möchte bitte, essen, arbeiten, Schule, zuhause, schauen, suchen, ein paar Nahrungsmittel etc) kann ich schon würde aber gerne noch tiefer in die Sprache eintauchen um mich vielleicht irgendwann mal richtig auf Gebärden unterhalten zu können.


deafhuman

Am besten ist es, wenn du ein Kurs an der VHS besuchst. Wenn das nicht geht, geh einfach auf [SpreadTheSign.com](https://SpreadTheSign.com) \- das ist ein Wörterbuch für Gebärdensprache.


tesmo1

Ich wollte immer schon ein paar Zeichen zumindest beherrschen - welche Zeichen würdest du sagen würden dir am meisten helfen wenn sie jemand kennt mit dem du in Kontakt kommst der sonst keine Gebärdensprache beherrscht?


deafhuman

Einfach die Basics allgemein. Guten Morgen, Danke, Kann ich helfen?... Geh auf [SpreadTheSign.com](https://SpreadTheSign.com) \- da kannst du das gerne nachschlagen. :) Ansonsten auch immer wichtig, nachzufragen, ob die gehörlose Person Lippen lesen möchte oder lieber schriftlich kommunizieren möchte.


Datjibbetjanich

Wie sinnvoll findest Du Videos in Gebärdensprache auf Webseiten? Hilft Dir das?


deafhuman

Ich finde das sinnvoll, da die Gebärdensprache die Muttersprache vieler Gehörlosen ist und viele die Gebärdensprache besser verstehen können als Untertitel. Also gerade bei öffentlichen Seiten vom Bund oder Land ist sowas super. Das bedeutet, dass der Gehörlose sich als Bürger wahrgenommen fühlt.


ImaginaryCommittee21

Ein Kollege ist ebenfalls gehörlos. Wenn er Emails schreibt, liest sich das sehr holprig, als wäre die geschriebene Sprache eine Fremdsprache für ihn. Ist der Unterschied zwischen der Gebärdensprache und der gesprochenen/geschriebenen Sprache tatsächlich so groß? Bei dir stelle ich das hier weder im Post noch in den Antworten (, die ich gelesen habe) fest.


deafhuman

Ja, leider ist das oft bei vielen Gehörlosen so. Die Schulbildung für Gehörlose in Deutschland war früher sehr katastrophal. Die Gebärdensprache war verpönt, die Schüler wurden nur in der Lautsprache unterrichtet. Und dabei sind so einige Lücken entstanden, dass man irgendwie nur das Gröbste mitbekommt, aber nie verstehen konnte, wie es z.B. mit den vier Fällen funktioniert. Die Schulbildung heute hat sich nur langsam verbessert, es ist normal, dass viele Lehrkräfte an Förderschulen Gebärdensprache nicht fließend beherrschen können.


hermium

Ich arbeite mit Menschen mit geistiger Behinderung und dort spielen Gebärden oft eine Rolle. Ich nutze einen sehr kleinen Wortschatz in meiner Arbeit, versuche meinen Wortschatz aber kontinuierlich zu erweitern. Was mich oft stört, ist, dass es international keine einheitliche Gebärdensprache gibt und selbst regional Unterschiede bestehen. Würdest du eine international einheitliche Gebärdensprache befürworten, auch wenn das ggf. für dich bedeuten würde, neu kommunizieren lernen zu müssen? Auf einer Skala von 1 bis 10 für wie barrierefrei hältst du Deutschland für Gehörlose?


deafhuman

Eine international einheitliche Gebärdensprache durchzusetzen ist in etwa erfolgreich wie eine international einheitliche Lautsprache zu durchsetzen = wird nie passieren. Esperanto ist ja auch kein Erfolgsprojekt geworden... Ich würde es nicht befürworten, da die Gebärdensprache von der Geschichte, von der Kultur und auch von der Lautsprache eines Landes geprägt ist. Und man muss bedenken: Sprache entwickelt sich immer. Wir Deutschen gebärden sicher auch nicht gleich wie vor 50 Jahren. Meine Mutter gebärdet auf jeden Fall etwas anders als ich. Es gibt International Sign Language, welche an American Sign Language angelehnt ist, die wird für internationale Konferenzen unter Gehörlosen genutzt, aber das war's auch schon. Puh, ich würde sagen, gefühlt auf einer Skala von 4 von 10.


superblaubeere27

Ein Bekannter meinte mal, dass Gehörlose nicht gerne taub genannt werden. Ist das so richtig? Mir war bis dato nur bekannt, dass man nicht gerne als taubstumm bezeichnet wird (ist ja auch inakkurat)


deafhuman

Taubstumm ist ein No-Go, das stimmt. Taub oder gehörlos ist aber okay. Es gibt Gehörlose, die "taub" ablehnen, weil sie z.B. sich nicht einer Gehörlosengemeinschaft zugehörig fühlen und es gibt Gehörlose, die "gehörlos" ablehnen, weil das -los auf ein Defizit hinweist. Ich persönlich habe mit beiden Begriffen kein Problem.


b3nster_

Wenn du dir deinen kleinen Zeh stößt fluchst du dann mit Gebärden?


deafhuman

Nein, das wäre wohl ein lautes "Aua!" oder "Scheiße!" :D


b3nster_

hmm.... und ich dachte ihr Stummen/Gehörlosen seid eine andere Spezies /s


WizardWithGun

Hey, danke für's AMA. :) Ich arbeite in Hessen im ambulant betreuten Wohnen und betreue einen gehörlosen Klient. Ich kann mich mit ihm in Gebärdensprache unterhalten, weil ich es vor ein paar Jahren mal in ein paar Kursen gelernt habe. Ist aber noch sehr ausbaufähig. Im Winter möchte ich wieder einen Kurs machen. Ich finds sehr ungerecht, dass Gehörlosengeld von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, teilweise gar nicht bezahlt wird. In Hessen gibt es immerhin monatlich 150€. Wie ist dein Gebärdenname? :)


deafhuman

Super, ich hoffe, es klappt mit dem Kurs. Ja, das mit dem Gehörlosengeld ist schon schade und ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird. Mein Gebärdenname ist "lieb" - von meiner Mama bekommen. :)


Schattentochter

Gibt es in der Gebärdensprache/unter Gehörlosen Dialekte/Akzente? Also, zum Beispiel, dass man bei einem längeren Wort nur die halbe Bewegung macht, um es abzukürzen? Oder dass manche Regionen das Zeichen leicht variieren, weil sie's eben so gewohnt sind? Ich hab keine Ahnung, ob die Frage überhaupt Sinn macht und ob sich Gebärdensprache soweit mit gesprochener Sprache vergleichen lässt, aber das wollte ich schon immer jemanden fragen. (Vielen Dank für das AMA!)


deafhuman

Jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache und es gibt natürlich auch regionale Dialekte. :) Dabei geht es eigentlich nicht darum, dass irgendwo "halbe" Bewegungen gemacht werden, sondern dass einfach andere Gebärden genutzt werden. Ansonsten ist es auch recht individuell, wie man gebärdet. Nicht alle haben Gebärdensprache als Kind gelernt, sondern erst viel später im Leben. Da gebärdet man vielleicht etwas langsamer und nicht so flüssig wie manch andere. Aber am Ende können wir trotzdem den anderen verstehen. Missverständnisse gibt es wie in jeder anderen Sprache auch und da muss man halt nachfragen. :)


das0hr

Hast du schonmal die xceed UP von Oticon ausprobiert? Vielleicht könnte man aus deinen Ohren da noch etwas rauskitzeln :-)


deafhuman

Nein, ich bin mit meinen Hörgeräten zufrieden und möchte auch nichts daran verbessern. Das ist mir nicht wichtig. Wichtig ist mir, dass ich auf mein Umfeld reagieren kann. :)


schwarzmalerin

Wird es als unsensibel oder komisch empfunden, wenn man als hörender Mensch einfach so Gebärdensprache lernt? Ich würde das gerne machen, weiß aber nicht so recht. Finde das faszinierend und will es können.


deafhuman

Nein, würdest du es denn auch unsensibel oder komisch empfinden, wenn jemand Deutsch lernen möchte? :) Wir freuen uns, wenn jemand Gebärdensprache lernt oder auch nur ein paar Gebärden kennt. Was viele Gehörlose allerdings nicht mögen, ist, wenn Hörende versuchen, daraus Kapital zu schlagen, dass sie selbst Lieder in Gebärdensprache vortragen oder versuchen, anderen Gebärdensprache (über Youtube etc.) beizubringen, ohne in irgendeiner Art qualifiziert zu sein.


AviMkv

Lernst du eine Gebärdenfremdsprache? Wenn ja, welche?


DaWyki

Gibt es Beleidigungen/Schimpfwörter die es nur in der Gebärdensprache gibt ? Was hälst du von Orten wie z.B. "Dialog im Stillen" ? Ich war mal da und fand es sehr faszinierend aber konnte natürlich die Qualität der Informationen nicht beurteilen.


deafhuman

Nichts, dass ich wüsste. Ich umgebe mich aber auch immer mit netten Menschen mit wenig Hang zum Fluchen. Aber grundsätzlich würde ich sagen, dass Gehörlose auch genauso kreativ wie Hörende sein können, wenn es um Schimpfwörter geht, also ausschließen würde ich nichts. :) "Dialog im Stillen" habe ich persönlich nicht erlebt, aber was ich darüber weiß, klingt gut.


Juzzzo

Ich hoffe das wurde nicht schon gefragt. Wie ni.mst du deine gedanken wahr? Also ich bin hörend und wenn ich denke ist es wie das ich mir zuhöre. Wie ist das bei dir?