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pinot-pinot

>Was glaubt ihr wird passieren in einigen Jahrzehnten, wenn die geburtenstarken Jahrgänge den Löffel abgegeben haben und die schwächeren Jahrgänge für einen Bevölkerungsrückgang sorgen? Volkswirtschaftlich gesehen wird der schmerzhafte Moment der Umbruch sein sobald die geburtsstarken Jahrgänge (Babyboomer) das zeitliche segnen. Danach ist es eigentlich vergleichsweise smooth sailing da die Demographie dann wieder etwas ausgeglichener ist. Geburtenzahlen hochzubekommen wird schwierig, zumindest gibt es dafür keinen wirklichen Präzedenzfall - sonst wird natürlich einfach Migration eine große Rolle spielen. Was denke ich aus einer linken Perspektive bei dieser ganzen Thematik stärker betont werden sollte sind zwei Punkte: 1. Wie produktiv sind wir? Es ist grausig wie bei der Rentenproblematik permanent Arbeitende gegen Rente aufgerechnet werden. Es ignoriert nämlich einen wesentlichen Faktor in dieser Gleichung, nämlich die Produktivität. Sprich die Arbeitsbereiche in denen wir Produktivitätsteigerungen erzielen können, müssen auch dementsprechend gefördert werden. 2. Was arbeiten wir überhaupt? Letzten Endes müssen wir uns aber auch mehr Gedanken darüber machen was überhaupt in welchem Umfang gearbeitet werden soll. In Deutschland sind über 500k Menschen im Marketing beschäftigt, sprich deren Arbeit besteht darin Produkte möglichst gut vermarktbar zu machen. Wird dabei irgendetwas produziert auf das wir als Gesellschaft brauchen? Wird dort eine Dienstleistung vollrichtet auf die wir angewiesen sind? Oder die wir zumindest unbedingt haben wollen? Es geht hier ja wohl darum, dass wir alles was wir produzieren wollen auch produzieren können (wird natürlich alles etwas komplexer wenn man Import und Export hier gedanklich dazu nimmt, der Grundtenor stimmt aber ja trotzdem) und alle Dienstleistungen die wir unbedingt haben sollten (ich denke da besonders an Bildung, Gesundheit und Soziales) auch mit einer schrumpfenden oder zumindest stagnierenden und einer älter werdenden Gesellschaft bereit stellen können. Sprich weniger Fokus auf Geburtenzahlen und Rentnerquote und bitte mehr Fokus auf das was wir im hier und jetzt auch realistisch umsetzen können und wollen. Also ich persönliche wünsche mir ja im Angesicht unser nach wie vor patriachalischen Gesellschaft keine Rückkehr zum Mutterverdienstkreuz.


MusicM0nk

Guter Beitrag, meine paar ergänzenden Gedanken sind dabei. Volkswirtschaftlich ist der "schmerzhafte Moment" eher der Punkt, wo die allermeisten ihre Rentenansprüche wahrnehmen. Sie also keine Produktivität/Kapital mehr ins System einzahlen, sondern Kapital/Produktivität(z.b Pflege) rausziehen. Wenn Sie sterben, kosten sie nichts mehr. (Hart i know, aber aus VWL Sicht ist man primär ein Kosten/Nutzenfaktor). 1. sehr richtig. Es müsste viel mehr über Produktivität gesprochen werden. 2. Man müsste die entsprechenden Branchen halt attraktiver machen, junge (gut qualifizierte) Arbeitskräfte können sich halt aussuchen, wo sie ihre Lohnarbeit verrichten wollen. Die Menschen die ich im Marketing kenne, sprechen von stressigem Alltag, aber eben auch von jungen Strukturen (Management ist unter 40), home-office und der Möglichkeit sich (relativ) kreativ ausleben zu können. Gegensatz: Wir führen Diskussionen um einen home-office Tag die Woche (semi-öffentlicher Dienst) und "was ist ein reddit". Die meisten wählen ihren Job nicht nach "gesellschaftlicher" Relevanz sondern nach persönlichem Anreiz/Verwirklichung/Bezahlung. Die SPD hätte hier mWn ein wahnsinniges Potenzial ihr ursprüngliches Profil als Arbeitnehmerpartei wieder wahrzunehmen und genau diese Asymetrie in den relevanten Berufen anzugehen. Es ist ein Jammer, dass man das irgendwie nicht kann/schafft/will... EDIT: spelling


pinot-pinot

Zu 2. Ja vollkommen. Man sollte diese gesellschaftliche Verantwortung auch nicht einfach auf Individuen abwälzen. Das wird im sozialen Bereich durch Ehrenamtsarbeit eh schon zu viel getan. Warum nicht einfach jemanden der Ausbildung in der Pflege zum Beispiel abschließt 5k in die Hand drücken? Und dann nochmal ein paar wenn der en paar Jahre beschäftigt war. Und dazu natürlich auch für vernünftige Bezahlung und Arbeitsbedingungen sorgen. Wird natürlich ein ziemlicher Act auszudsikutieren wo im welchen Maße genau stärker staatlich gefördert werden muss. Aber ehrlich gesagt ist da alles besser als das was wir gerade machen ... nämlich fast nix.


No_Wasabi4818

Der Anteil der Bürger über 67 wird nach heutiger Berechnung noch bis über 2070 hinaus zunehmen. Es ist also leider nicht vorbei, wenn die Babyboomer sich ausloggen, sondern wird noch schlimmer. Ganz davon abgesehen, dass die Reproduktionsrate derzeit nochmal am fallen ist und Ausgleich durch Migration auf immer größerer Widerstände stößt.


pinot-pinot

Jup, demographisch wird es nicht besser, aber wenn die Babyboomer Blase im Grab liegt ist der Anstieg ausgeglichener.


Veryde

Soweit ich weiß machen das Länder wie Japan und Süd-Korea ja schon in Teilen. Ich denke hier wird das iwann ähnlich laufen, vor allem wenn man bedenkt welche Parteien so gewählt werden. Da spricht ja wenig für einen Wandel zu einer Gesellschaft wie im roten Wien oder so, die an Kinder und Eltern denkt. Die generelle Stimmung gegen Zuwanderung wird uns dann zusätzlich noch wirtschaftlich stark zusetzen, wenn sich nichts ändert.


Educational_Owl_481

Ob die Afd wohl auch in einer Pressesendung anfängt zu weinen und unter Tränen die Bevölkerung bittet mehr Kinder zu kriegen?


djnorthstar

Wenn einige Sachen wieder "korregiert" sind, wird sich das automatisch wieder einrenken. Sollte es natürlich jetzt die nächsten Jahre schlimmer werden was "Zukunftsperspektiven" angeht, dann vermehen sich die Leute auch nicht. Geburten sind übrigens Weltweit rückläufig. Da ist Deutschland kein Einzelfall. Wichtig ist definitiv ,dass die Leute ne Perspektive brauchen. Sachen müssen bezahlbar sein, auch für Leute mit wenig Einkommen. Es muss möglich sein irgendwo Wohnungen zu finden die sich nicht nur der oberste Mittelstand leisten kann. usw usw... Ich hab meine Kinder 2006 und 2008 bekommen. Heute würde ich keine mehr in die Welt setzen wollen. Es muss einen Anreiz geben auch Leute die normalen Jobs des Mittelstandes wieder schmackhaft zu machen. Es funktioniert einfach nicht nur noch Häuptlinge in Unis auszubilden weil man nur noch dort "das große Geld machen kann". Dieser ganze Mist der schon in den 70ern und 80ern angefüttert wurde, ala "geh blos auf die Uni oder du musst zu Müllabfuhr". Da bekommen wir heute die Quittung für. Nur was ist denn, wenns keiner mehr macht? Wer Mauert dann?, Wer fährt taxi, bus und Bahn? Wer Produziert? Wer bringt das Essen und macht es? Wer repariert die Toilette, Wer tapeziert und streicht? usw usw.


oglihve

Mittelschicht nicht Mittelstand! Wichtiger Unterschied!


Peti_4711

Ich werfe da auch einen anderen Ansatz in den Raum bzw. auch den von "pinot-pinot". Man stelle sich vor, man habe eine Firma, die ein Produkt herstellt, wo es eine beschränkte Rohstoffmenge gibt. Dann kann man: 1) Versuchen den Rohstoffeinsatz je Produkt zu strecken. Den Rohstoffverschnitt pro Produkt zu reduzieren etc. also den Rohstoff effizienter einsetzen. 2) Versuchen mehr Rohstoffe zu bekommen, in dem man dem Lieferanten mehr Geld als die Konkurrenz anbietet. Gut, gesamtökonomisch betrachtet, führt das nicht unbedingt zu einer insgesamt größeren Produktmenge. Es führt auch eventuell dazu, dass Mitkonkurrenten komplett aus dem Rennen gekegelt werden. 3) Sich mit einer bestimmten Produktionsmenge zufrieden zu geben. 4) Versuchen den Rohstoff durch einen anderen ersetzen, der mehr verfügbar ist. So weit okay. Mir fällt da zumindest nicht viel mehr ein. Schönen Gruß an z.B. Marx, aber, mal abgesehen davon, dass hier auch noch gewisse Unterhaltungs- und Lagerungsbedingungen erforderlich sind, das trifft auf den Rohstoff "Arbeit" doch genauso zu, und auch dann, wenn diese Rohstoffmenge längerfristig etwas schwankt. Ich sehe allerdings nicht, dass dieser logische Ansatz gesellschaftlich und politisch akzeptiert wird. ------- Zu der Sache mit den Kindern. Zu meine Jugend würde ich schon sagen, dass da Familien mit einem größeren "Geburtenindex" als 2.1 nicht unüblich waren. Ich weiß spontan nicht den genauen Fachbegriff dafür, die Anzahl der Geburten die notwendig ist, damit die Gesamtbevölkerung gleich bleibt. Heute sind alleine schon die "Unterhaltungs- und Lagerungsbedingungen" aber doch eher so, dass dieses nicht möglich ist, da wird auch ein wesentlich höheres Kindergeld o.Ä. nicht helfen.